5 Takeaways vom Podcast Movement 2023

Maria Lorenz-Bokelberg ist Gründerin und Co-Geschäftsführerin von Pool Artists und produziert mit ihrer Firma etliche bekannte Podcasts, darunter zahlreiche Formate für ZEIT ONLINE. Zudem berät das Berliner Unternehmen Kundinnen und Kunden auf dem Weg zum eigenen Podcast und entwickelt neue Podcast-Konzepte und -Formate. Wir haben Maria Lorenz-Bokelberg zu ihren fünf wichtigsten Takeaways vom diesjährigen Podcast Movement befragt, der weltweit größten Podcast-Konferenz, die Ende August in Denver/Colorado stattfand.

Takeaway #1: KI in der Podcast-Produktion

Künstliche Intelligenz (KI) ist aktuell ein Riesenthema in der Podcast-Branche, sagt Maria Lorenz-Bokelberg. Weil KI und Audio sehr gut zusammen funktionieren wird gerade – wie überall – wahnsinnig viel ausprobiert. Zum einen werde dabei experimentiert mit Podcasts, die tatsächlich inhaltlich von KI generiert werden, aber auch mit Formaten, die von Menschen inhaltlich vorbereitet, dann aber von KI gesprochen werden. Und zu guter Letzt gebe es auch natürlich auch Formate, die die von Menschen vorbereitet und gesprochen und anschließend von KI übersetzt werden.

Für Pool Artists seien jedoch eher KI-Softwares von Interesse, die als Unterstützung bei der Postproduktion oder -Aufnahme eingesetzt werden können, erklärt sie. Es gebe zum Beispiel immer bessere Tools, die selbst entscheiden oder anbieten zu entscheiden, was aus einer Aufnahme rausgeschnitten werden kann, so dass sich dann am Ende die Producer, die das Mastering machen, auf kreativere Arbeiten konzentrieren können. Sie persönlich hält es für extrem wichtig, sich beim Thema KI auf dem Laufenden zu halten und zu schauen, wie man „KI als Superpower“ bei der Podcast-Produktion nutzen könnte.

 

Logo © Podcast Movement

Der Podcast Movement 2023 fand Ende August in Denver/Colorado statt. Im kommenden Jahr wird das Event vom 19.-22.08.24 in Washington D.C. abgehalten.

 

Takeaway #2: Kinder als Podcast-Zielgruppe?

 

Die Kinderpodcast-Produktion ist aus Sicht von Maria Lorenz-Bokelberg kein ganz einfacher Markt, was vor allem auch damit zusammenhängt, dass es diverse Einschränkungen bei der Vermarktung von Kinderinhalten gibt. Viele Unternehmen, Personen oder mögliche Geldgeber:innen machten daher um Kinderpodcasts einen großen Bogen machen, weil sie dieses Genre nicht für monetarisierbar halten, so ihr Eindruck. Es gebe aber zum Glück auch andere Institutionen, bei denen entweder die Monetarisierung

nicht an erster Stelle steht oder  bei denen andere Wege gefunden wurden, um sich dem Thema zu nähern. Auch beim Podcast Movement in Denver wurde auf solche Erfolgsbeispiele verwiesen. Dennoch, so ist sich Lorenz-Bokelberg sicher, könne dieses Genre noch viel mehr Inhalte vertragen. Allerdings sei die Zeit ist noch nicht reif dafür, meint sie. Auch bei Pool Artists habe man bereits viele interessante Kinderkonzepte in der Schublade liegen, aber man warte noch ab, bis das Thema in der breiten Masse angekommen sei, erklärt die Podcast-Expertin im Interview.

Takeaway #3: Podcast trifft auf Video

Nach wie vor ein großes Thema in der Szene seien Video-Podcasts, so Maria Lorenz-Bokelberg. Allerdings hat sie nach dem Besuch des Podcast Movement den Eindruck, dass in dem Zusammenhang vielfach Dinge vermischt würden. Das eine Thema sei eine audiovisuelle Begleitung eines Podcasts und das andere die komplette Bereitstellung einer Videoversion eines Podcasts. Bei Letzterem werde vielfach unterschätzt, dass eine Videoproduktion sehr viel mehr Aufwand bedeute – sowohl zeitlich wie auch finanziell. Ob daher auch wirklich jeder Podcast eine Videoversion benötigt, bezweifelt sie, denn: „Die Intimität fällt weg, wenn man eine Kamera hinstellt und der Menschheit nicht nur Zugriff zum Gesagten, sondern auch zum Gesehenen gibt.“

Das andere Thema, die audiovisuelle Begleitung eines Formats, hält sie hingegen für wichtig. Dazu werden kleine Videostücke für Social Media oder für die Webseite produziert, die dann einzeln – vor allem zu Werbezwecken – verwertet werden können. Das sei etwas, das man mit Smartphones mit guter Kamera schon jetzt machen könne, meint Lorenz-Bokelberg. Aus ihrer Sicht müsse man sich als Podcastmacher:in dem Thema, begleitendes Video-Material zum eigenen Podcast zu produzieren, stellen und frühzeitig lernen, dies auch selbst umzusetzen.

Foto Maria Lorenz-Bokelberg © Patricia Haas

Maria Lorenz-Bokelberg ist Gründerin und Co-Geschäftsführerin von Pool Artists und produziert mit ihrer Firma etliche bekannte Podcasts. Foto © Patricia Haas

 

Takeaway #4:

Nischen als „ein guter Ort“

Maria Lorenz-Bokelberg hält Podcasts nach wie vor für einen guten Ort, um über Themen zu reden, die nicht unbedingt eine große Reichweite benötigen. „Ich glaube, es ist einer der wenigen Orte, wo das überhaupt geht“, meint sie. Bei Podcasts handele es sich immer noch um ein Medium, das man allein von zu Hause starten könne:

Man kauft sich ein günstiges Mikro oder spricht in ein Smartphone, kann das dann ins Internet laden und es veröffentlichen – und die Menschen können es theoretisch hören“, erklärt sie.

Wie viele Menschen man damit erreicht, sei natürlich eine Frage der Auffindbarkeit, ergänzt sie. Die Podcast-Expertin wünscht sich, dass die Branche sich dies erhält und dass es weiterhin neben großen Blockbuster-Produktionen immer eine Möglichkeit geben sollte, sich auch kleine Themen zu trauen. „Man kann natürlich einen Podcast sehr aufwendig produzieren – aber es muss eben nicht bei jedem Thema so sein“, so ihre Einschätzung.

Takeaway #5: Adaption ausdrücklich erwünscht 

Ein ebenfalls vieldiskutiertes Thema beim Podcast Movement 2023: Adaption von Podcasts. Gemeint sei damit, dass Podcasts als „Basismaterial für andere Medien gesehen und gedacht werden“, erklärt sie, wobei sie zugleich davor warnt, „ein Medium zu produzieren mit einem anderen Medium im Hinterkopf“. Denn so manchen Podcasts merke man an, dass sie eigentlich mit dem Hintergedanken einer Adaption fürs Fernsehen produziert worden seien, so ihr Eindruck.

Dennoch sei das Thema Podcast-Adaption – sei es für TV, für Bücher oder auch für ein Brettspiel – ein geeigneter Weg, um die Hörer:innen in Podcast-Pausen bei Laune zu halten und zudem Erlöse jenseits der Werbevermarktung zu generieren. Ihr Rat an alle Podcaster:innen: „Wenn Ihr einen Podcast macht, konzentriert Euch zu 1.000 Prozent darauf, diesen Podcast so gut zu machen, wie es für das Medium Podcast eben geht. Wenn sich daraus später mehr ergibt, ist es schön. Und wenn nicht, dann habt Ihr wenigstens einen richtig tollen Podcast veröffentlicht.“ Aus ihrer Sicht steige so auch automatisch die Chance, dass sich „überhaupt jemand dafür interessiert“, aus einem Podcast ein anderes Format zu entwickeln oder das Universum eines Podcasts um andere Medien zu erweitern.

Ina Jungbluth, freie Redakteurin

Lese- und Podcast-Tipps zum Thema:

In der neuen Ausgabe 2/2023 des „Letter“, dem Magazin für Fachmedienmacher:innen, befasst sich die Deutsche Fachpresse mit innovativen Podcast- und Bewegtbildformaten seiner Mitgliedshäuser und dem Einsatz von KI. Die Titelgeschichte „On Air“ beleuchtet den Markt und präsentiert zahlreiche Beispiele – zu finden auf Seite 18 ff. im neuen Heft.

Und auch die erste Ausgabe von MVFP impuls, dem neuen Mitgliedermagazin des MVFP, befasst sich mit aktuellen Podcast-Trends und einer Markteinschätzung von Maria Lorenz-Bokelberg. Darüber hinaus enthält der Beitrag die Top-5-Learnings aus der MVFP Podcast-Werkstatt, die am 8./9. November stattfand. Die neue Ausgabe von „MVFP impuls“ ist Mitte Dezember erschienen, weitere Infos dazu finden Sie auf mvfp.de

Wer mehr zum Thema hören möchte: Unsere Expertin Maria Lorenz-Bokelberg hat gemeinsam mit dem Team von Podstars in Denver mehrere PodTalkSpecials zum Podcast Movement 2023 aufgenommen, die man hier nachhören kann.

zuletzt aktualisiert: 13.12.2023

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Fotos Maria Lorenz-Bokelberg © Patricia Haas; Logo © Podcast Movement; weitere Bilder: pexels