Keine Konkurrenz, sondern nützliche digitale Helfer

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KI-Software soll journalistische Jobs übernehmen. Auf Medienkonferenzen wird die schöne neue Zukunft des algorithmischen Journalismus beschworen. In den Verlagen lässt sich davon bisher nur wenig umsetzen. Das nährt den Frust. Doch abseits dieser Parolen kann KI-Software erheblich helfen, den Redaktionsalltag produktiver und Beiträge besser zu machen. Eine Leseprobe aus der aktuellen Ausgabe 2/22 unseres Mitgliedermagazins impresso.

Roboter-Journalismus, Deep-Fake-Videos, Maschinelles Lernen – die einen erwarten wahre Wunderdinge von Anwendungen Künstlicher Intelligenz im Medienbereich, die anderen fürchten, dass ein ganzer Berufsstand abgeschafft wird. Beide Seiten haben Unrecht.

Der KI-Hype in Sachen Journalismus ist total überzogen und beruht auf völlig unrealistischen Voraussetzungen. Die Dämonisierung etwas komplexerer Algorithmen ist aber genauso fehl am Platz. Journalistinnen und Journalisten kommen nicht umhin, sich mit den Grundlagen der Digitalisierung ihrer Gesellschaft und damit ihres Berufs auseinanderzusetzen. Dann wird deutlich, dass ein wertebasierter Journalismus, der Teilhabe ermöglicht, Einordnung bietet und die Wächterfunktion ausübt, für den demokratischen Rechtsstaat notwendig und vom Bürger nachgefragt ist. Dazu kann KI-Software viel beitragen, und zwar bei der Recherche und bei der Produktion von Beiträgen. So lässt sich zum Beispiel durch den Einsatz von Transkriptionssoftware erheblich Zeit sparen. Das mitgeschnittene Interview liegt dann als Text vor, kann mit jeder beliebigen Textverarbeitung in Form gebracht und veröffentlicht werden.

Mustererkennung im Journalismus 

Die Erkennungsquote liegt bei deutlich über 90 Prozent. Die meisten Transkriptionsportale wie Trint oder Happy Scribe bedienen unterschiedliche Sprachen. Die Ergebnisse für die üblichen in Europa gesprochenen Sprachen sind ausgesprochen zufriedenstellend. Lediglich die Preise und Tarifmodelle sind sehr unterschiedlich. Trint zum Beispiel hat schon vor einiger Zeit auf ein Flatrate-Modell umgestellt. Trint-Anwender können so viele Mitschnitte beliebiger Länge transkribieren lassen, wie sie wollen, zahlen dafür aber in der Basis-Version auch 624 Euro im Jahr. Happy Scribe dagegen rechnet stundenweise ab. So lassen sich die Kosten für die Umwandlung von gesprochenem in geschriebenen Text besser steuern. Diese Anbieterin bietet wie Google Speech-to-Text oder Amazons Transkriptionsservice auch Freiminuten. Wer also nur gelegentlich gesprochenes in geschriebenes Wort umsetzen will, ist mit solchen Gratisangeboten gut bedient.

Auch in Sachen Sprachübersetzung leistet KI-Software inzwischen Beachtliches. Googles Translation Service oder Anbieter wie DeepL decken nicht nur das europäische Sprachenangebot gut ab, sondern bieten einen wirklich weltweiten Service. Nach dem 24. Februar 2022 und mithin nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine waren auch die Übersetzungsdienstleistungen des russischen Portals Yandex gefragt.

KI-Software muss ständig überprüft werden

Viele Journalisten hierzulande vertrauen darauf und Stichprobenübersetzungen mit anderer Übersetzungssoftware ergaben, dass die KI-Übersetzung bei Yandex alle erforderlichen sprachlichen Standards gut erfüllt.

Auch Rechtschreibhilfen arbeiten mittlerweile mit Mustererkennung und insofern mit KI-Unterstützung. Allerdings gilt auch hier: Die Datenbasis ist entscheidend….

Von Peter Welchering, Journalist und Dozent

Dieser Artikelauszug wurde der aktuellen Ausgabe 2/2022 unseres Mitgliedermagazins impresso entnommen. Weitere Informationen zur Zeitschrift finden Sie in unserem Ausgabenarchiv.

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