Neue Auswertung des Führungskräfte-Radars mit bemerkenswerten Ergebnissen bei Gender- und Gleichstellungsthemen

Eine neue Auswertung des Führungskräfte-Radars der Bertelsmann Stiftung belegt, dass  Führungskräfte in Deutschland skeptisch sind, wenn es um verpflichtende Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern geht. Zudem wird in den Unternehmen wenig Handlungsbedarf in diesem Bereich gesehen. Überraschenderweise nehmen weibliche und männliche Führungskräfte die Themen ähnlich wahr.

„Realität im Jahr 2022“

Am vergangenen Wochenende sorgte ein Foto von einem nur mit Männern besetzten Mittagsessen, das im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) stattfand, für heftige Diskussionen im Netz. So schrieb die SPD-Politikerin Sawsan Chebli auf Twitter zu dem Foto: „Dieses Bild ist wie aus einer anderen Welt. Es ist aber keine andere Welt. Es ist Realität im Jahr 2022. So sieht das CEO Lunch auf der #MSC2022 aus. Hier ist Macht und hier fehlen Frauen. Wir haben noch sehr viel zu tun.“  

Ein ähnlich geringes Problembewusstsein, wie es die Netzgemeinde den MSC-Organisatoren vorwirft, attestiert die neue Auswertung des aktuellen Führungskräfte-Radars 2021 auch den deutschen Unternehmen. Demnach sehen etwa 30 bis 40 Prozent der befragten Führungskräfte im eigenen Unternehmen keine Vorteile, wenn es um die Einführung verbindlicher Regeln wie etwa Frauenquoten oder gendergerechte Sprache geht. Fragt man umgekehrt, wo die Unternehmen beim Thema Gleichstellung bereits stehen, wird deutlich, dass die Führungskräfte – männlich wie weiblich – den Eindruck haben, dass es in ihren eigenen Unternehmen kaum Probleme gibt.

Teambesetzung, „Gendern“ und Gehalt

Schon bei der Frage, ob die öffentliche Diskussion über Frauenquoten förderlich für das Gleichstellungsthema im eigenen Hause ist, scheiden sich die Geister: 39,7 Prozent der Befragten stimmen zu, aber 34,9 Prozent stimmen nicht zu.

Die Führungskräfte wurden außerdem gefragt, ob in ihren eigenen Unternehmen explizit darauf geachtet wird, dass Teams geschlechter-gemischt besetzt werden. Rund 30 Prozent der Befragten geben an, dass bei ihnen nicht bewusst darauf geachtet wird – und es offenbar auch keine entsprechenden Vorgaben gibt. Fast jede zweite Führungskraft (45,6 Prozent) stimmt hingegen bei diesem Punkt zu und nimmt die bewusste Beachtung von Diversität bei der Teambesetzung wahr.

Große Unterschiede zeigen sich bei der Frage, ob das eigene Unternehmen verbindliche Regelungen für eine gendergerechte Sprache hat. 39,8 Prozent der Führungskräfte geben an, dass ihr Unternehmen entsprechende Vorgaben macht; 41,9 Prozent sagen allerdings das Gegenteil.

Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Führungskräften?

Quelle: Bertelsmann Stiftung  Jeweils eine sehr deutliche Mehrheit der Führungskräfte gibt an, dass in ihrem Unternehmen das Geschlecht der Führungskraft keinen Unterschied macht (Zustimmung: 74,4 Prozent) und dass sie keine Geschlechterkonflikte erleben (81,7 Prozent). Außerdem stimmen 76,7 Prozent zu, dass in ihrem Unternehmen das Gehalt unabhängig vom Geschlecht ist, wohingegen das Statistische Bundesamt (2021) für das Jahr 2020 einen Gehaltsnachteil der Frauen von 18 Prozent gegenüber Männern ermittelt hat.

Bemerkenswert an den Ergebnissen des Führungskräfte-Radars ist, dass ein sehr einheitliches Bild zu erkennen ist. Es gibt keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Antworten männlicher und weiblicher Führungskräfte, die zu erwarten gewesen wären. Allerdings macht die Führungsebene einen Unterschied aus: Die obere Führungsebene hat insgesamt ein positiveres Bild der Gleichstellung im eigenen Unternehmen als die mittlere und untere Führungsebene.

Die komplette Studie mit zusätzlichen Materialien und Hintergrundinfos ist auf der Webseite der Bertelsmann Stiftung verfügbar.

Quelle: Bertelsmann Stiftung

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Foto © Pablo Varela, unsplash; Grafik: Bertelsmann Stiftung