Neue Studie zeigt, wie zentral der digitale Wandel im Privaten und in der Arbeit erlebt wird

Die Frage, wie die Menschen die digitale Transformation erleben, ist von wesentlicher Bedeutung für die erfolgreiche Gestaltung des gesellschaftlichen Wandels. Im Zuge der Corona-Pandemie, die sich aktuell geradezu als Katalysator einer Digitalisierung von Arbeits- und Privatleben erweist, wird sie erneut vielfach diskutiert. Eine sozialwissenschaftliche Studie des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (bidt) zeigt nun, dass die Menschen die Digitalisierung nicht allein mit mehr oder weniger umfangreichen technologischen Entwicklungen verbinden, sondern vor allem auch mit grundlegenden sozialen Veränderungen.

Interviews zum Erleben der digitalen Transformation

Für die vom ISF München durchgeführte qualitative Studie wurden Tiefeninterviews mit 35 Männern und Frauen geführt. Das Sample der Befragten reicht dabei von der Sekretärin oder Callcenter-Mitarbeiterin über Facharbeiter und Softwareentwickler bis hin zum Projektleiter oder Beamten im Öffentlichen Dienst.

Die Interviews zielten darauf, das Erleben der Menschen in der digitalen Transformation ganzheitlich – im Beruf, im Privatleben, in der Familie und im gesellschaftlichen Zusammensein – nachzuvollziehen. „Bisherige Umfragen und Studien zeigen kein einheitliches Bild, was die Deutschen über die Digitalisierung denken und wie sie von ihnen erlebt wird. Deswegen haben wir uns bewusst für den Ansatz einer qualitativen Befragung entschieden“, sagt Thomas Lühr, Wissenschaftler am ISF München und operativ verantwortlich für die Befragung.

Menschen bemühen sich, die Digitalisierung in ihr Leben einzubauen

Die zentralen Ergebnisse des explorativen Forschungsprojekts:

  • Die digitale Transformation wird in der Bevölkerung als gesellschaftlicher Umbruch wahrgenommen
  • Ob die Menschen diesen Umbruch positiv einschätzen, hängt davon ab, ob die wahrgenommenen Veränderungen ihre Handlungsmöglichkeiten verbessern.
  • Die Menschen sollten bei der Gestaltung der digitalen Transformation stärker beteiligt und ihre Handlungsfähigkeit gestärkt werden.

Die Menschen bemühen sich, die Digitalisierung in ihr Leben einzubauen“, so Lühr. Er hebt hervor, dass die Menschen oft widersprüchliche Erfahrungen machen. Manche sehen zum Beispiel große Vorteile in ihrem privaten Alltag, während sie in der Arbeit die Digitalisierung als eine Bedrohung erleben, die ihren Arbeitsplatz gefährdet oder die Belastung erhöht.

Konzept des „Empowerments“ weiterentwickeln

Besonders aufschlussreich ist die Studie im Hinblick auf die Frage, warum die Menschen die digitale Transformation negativ oder positiv erleben. Oft wird auf soziodemografische Merkmale verwiesen, wonach etwa jüngere Männer mit hohem Einkommen und höherer Qualifikation der Digitalisierung häufiger aufgeschlossen gegenüberstehen als zum Beispiel ältere und weniger qualifizierte Menschen.

In den Ergebnissen der neuen Studie deutet sich hingegen an: Ob die digitale Transformation eher in einem Angst- oder in einem Hoffnungsszenario erlebt wird, hängt im Kern davon ab, wie die Menschen die Auswirkungen jeweils auf ihre eigene Handlungsfähigkeit einschätzen und welche Erfahrungen sie diesbezüglich machen.

Statt die Menschen weiterhin als „Angsthasen“ zu behandeln, empfehlen die Forscher des bidt daher, den Weg in die digitale Gesellschaft als einen gemeinsamen produktiven Lernprozess zu gestalten, der Lust auf Zukunft macht. Mit dem Konzept des „Empowerments“ besteht nach Auffassung der Forscher ein vielversprechender Ansatz zur Stärkung von Handlungsfähigkeit in der Arbeitswelt, den es für die Gestaltung der digitalen Transformation der Gesellschaft weiterzuentwickeln gilt.

Quelle: bidt – Bayerisches Forschungsinstitut für Digitale Transformation

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