Deutsche Ergebnisse des Reuters Institute Digital News Report 2023 veröffentlicht

Das Interesse an Nachrichten ist 2023 weiter gesunken. 52 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland sagen, dass sie äußerst oder sehr an Nachrichten interessiert sind. Auch die Reichweite von Nachrichten insgesamt ist in der Langzeitbetrachtung leicht rückläufig. 89 Prozent lesen, hören oder schauen mehr als einmal pro Woche Nachrichten. Die Tendenz zur Nachrichtenvermeidung ist 2023 ebenso hoch wie im Vorjahr. Jeder Zehnte versucht oftmals aktiv, Nachrichten zu vermeiden, 65 Prozent versuchen dies zumindest gelegentlich. Derzeit werden vor allem Nachrichten zum Ukraine-Krieg gemieden. Gleichzeitig gibt mehr als die Hälfte der Befragten an, äußerst oder sehr an positiven oder lösungsorientierten Nachrichten interessiert zu sein. Das sind Ergebnisse des Reuters Institute Digital News Report 2023, dessen deutsche Teilstudie vom Leibniz-Institut für Medienforschung in Hamburg durchgeführt wurde

Nachrichtenvermeidung und sinkendes Vertrauen

Die Tendenz zur Nachrichtenvermeidung bleibt in Deutschland stabil, so ein Ergebnis des neuen Berichts: wie bereits im Vorjahr versucht 2023 jeder zehnte Internetnutzende im Alter ab 18 Jahren oftmals aktiv, die Nachrichten zu vermeiden. Zugleich ist mehr als die Hälfte (58 %) der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland äußerst oder sehr an positiven Nachrichten interessiert. Ein ebenfalls hohes Interesse wird an Nachrichten geäußert, die Lösungen vorschlagen, anstatt nur auf Probleme hinzuweisen (53 %), sowie an Nachrichten, die dabei helfen, komplexe Themen zu verstehen (50 %).

43 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland sind der Ansicht, man könne dem Großteil der Nachrichten in der Regel vertrauen. Das sind sieben Prozentpunkte weniger als 2022 (50 %) und so wenig Befragte wie nie zuvor, seitdem die Frage 2015 erstmals in den Reuters Institute Digital News Survey aufgenommen wurde. Auch das Vertrauen, das ausgewählten bekannten Nachrichtenmarken entgegengebracht wird, ist im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufig.

Bedeutung sozialer Medien als Hauptnachrichtenquelle nimmt zu

Um sich über aktuelle lokale, nationale oder internationale Ereignisse zu informieren, verwenden die meisten erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland 2023 das Internet. 63 Prozent nutzen mindestens einmal pro Woche Online-Nachrichten auf den Websites oder Apps von Nachrichtenanbietern oder in sozialen Medien. Die wichtigste Nachrichtenquelle ist für 43 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden weiterhin das lineare Fernsehen und für 39 Prozent sind es Nachrichtenangebote im Internet. 14 Prozent finden Nachrichten hauptsächlich in den sozialen Medien. Dieser Anteil ist im Langzeitverlauf kontinuierlich angestiegen und mit 35 Prozent unter den 18- bis 24-Jährigen am größten. Für 15 Prozent der 18- bis 24-Jährigen stellen soziale Medien zudem die einzige Quelle für Nachrichten dar.

Skepsis gegenüber Personalisierung von Nachrichten durch Algorithmen

Die klassische Auswahl von Nachrichten durch journalistische Akteure erachten insgesamt 29 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland als einen guten Weg, um Nachrichten zu erhalten, während 27 Prozent die automatische Auswahl von Berichten auf der Grundlage der von den Befragten früher abgerufenen Informationen als eine gute Möglichkeit bewerten. Die automatische Auswahl von Nachrichten auf Grundlage der von Freunden abgerufenen Informationen lehnen 40 Prozent der Befragten tendenziell ab. Darüber hinaus sind 37 Prozent besorgt, dass sie aufgrund stärker personalisierter Nachrichten andere wichtige Informationen verpassen könnten.

Zahlbereitschaft für Online-Nachrichten stagniert

Nachdem sich im Vorjahr noch ein positiver Trend beim Bezahlen für Online-Nachrichten andeutete, ist dieser 2023 wieder leicht abgeschwächt. Elf Prozent der Befragten geben an, für digitale Nachrichten Geld ausgegeben zu haben (2022: 14 %). Eine fortlaufende Zahlung in Form eines Abonnements bzw. einer Mitgliedschaft ist dabei das am häufigsten gewählte Bezahlmodell. Befragte, die auf diese Weise für Online-Nachrichten bezahlen, wollen mit dem Geld vor allem guten Journalismus unterstützen oder verweisen auf ein gutes Angebot bzw. Probeabo. Die meistgenannten ausschlaggebenden Gründe, um eventuell zukünftig für Online-Nachrichten zu bezahlen, sind günstigere Preise sowie weniger oder gar keine Werbung.

Weiterführende Links:

Einen Überblick über die weiteren wichtigsten Ergebnisse des neuen Reports finden Sie hier. 

Der Ergebnisbericht für Deutschland ist hier als PDF-Version zum Download verfügbar.

Weiterführende Informationen zur deutschen Studie finden sich auf der Projektseite des HBI.

Hier geht es zum Gesamtbericht 2023 in englischer Sprache.

Hier finden Sie die Ergebnisse der letztjährigen Studie.

Quelle: Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI)

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Foto © Doğukan Şahin, unsplash