Trend-Report des Reuters Institute for the Study of Journalism erschienen
Vor dem Hintergrund einer um sich greifenden Inflation und eines starken Drucks auf die Ausgaben der privaten Haushalte nehmen die Besorgnis über die Nachhaltigkeit von Medien und die Nachrichtenvermeidung zu. Das ist eine der Prognosen für das Jahr 2023, die der Medienwissenschafter Nic Newman vom Reuters Institute in Oxford in seinem kürzlich unter dem Titel „Journalism, Media, and Technology Trends and Predictions 2023“ veröffentlichten Trend-Report anstellt. Insgesamt 303 Führungskräfte aus Medienhäusern und Digitalunternehmen in 53 Ländern haben an der Umfrage zu den wichtigsten Herausforderungen und Chancen des Jahres 2023 teilgenommen.
Große Tech-Plattformen geraten unter Druck
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Auch die großen Technologieplattformen werden in diesem Jahr unter Druck stehen, und zwar nicht nur durch den wirtschaftlichen Abschwung. Soziale Netzwerke der ersten Generation wie Facebook und Twitter werden der Umfrage zufolge Mühe haben, ihr Publikum zu halten. Denn ältere Menschen sind von dem Angebot gelangweilt und jüngere Nutzer wandern zu neueren Netzwerken wie TikTok ab. Zugleich besteht die Hoffnung, dass neue Plattformen entstehen, die mehr Gewicht auf Inhalte legen gut für die Gesellschaft sind, statt auf solche, die für Empörung und Ärger sorgen.
Mit KI wird bereits experimentiert
Unterdessen ist die nächste Welle der technischen Innovation bereits da: Die außerordentlichen Fortschritte, die im Jahr 2022 bei der Künstlichen Intelligenz (KI) gemacht wurden, zeigen unmittelbare Chancen – und Herausforderungen – für den Journalismus auf. KI bietet den Verlagen die Chance, (endlich) persönlichere Informationen und Formate zu liefern, um der Fragmentierung der Kanäle und der Informationsflut entgegenzuwirken. Aber diese neuen Technologien werden auch existenzielle und ethische Fragen im Zusammenhang mit Deep Fakes und anderen synthetischen Medien aufwerfen. Medienhäuser, die den digitalen Wandel nicht voll mittragen, haben vor diesem Hintergrund massive Nachteile, zeigt die Umfrage.
28 Prozent der Befragten geben an, dass KI inzwischen fester Bestandteil ihrer Aktivitäten sei, weitere 39 Prozent sagen, dass sie in diesem Bereich bereits experimentiert haben. Neue Anwendungen wie ChatGPT und DALL-E 2 zeigen nach Einschätzung der Befragten auch Möglichkeiten für eine effizientere Produktion und die Erstellung neuer Arten von halbautomatischen Inhalten auf.
Investition und Innovation
Mehr Verlage wollen im Jahr 2023 in Abonnements und Mitgliedschaften investieren. Die Mehrheit der Befragten (80 %) gibt an, dass dies eine ihrer wichtigsten Umsatzprioritäten sein wird, noch vor Display und Native Advertising. Trotz des Drucks auf die Verbraucherausgaben erwartet mehr als die Hälfte (68 %) immer noch ein gewisses Wachstum der Einnahmen aus Abonnements und anderen bezahlten Inhalten in diesem Jahr.
Was die Innovation betrifft, so geben die Verleger an, dass sie mehr Ressourcen in Podcasts und digitale Audioformate (72 %) sowie in E-Mail-Newsletter (69 %) investieren werden, zwei Kanäle, die sich als wirksam erwiesen haben, um die Loyalität gegenüber Nachrichtenmarken zu erhöhen. Auch die geplanten Investitionen in digitale Videoformate (67 %) sind im Vergleich zum letzten Jahr gestiegen, was vielleicht auf das explosive Wachstum von TikTok zurückzuführen ist. Dagegen geben nur 4 % an, dass sie in das Metaverse investieren werden, was die zunehmende Skepsis gegenüber dem Potenzial für den Journalismus widerspiegelt.
Quelle: Reuters Institute for the Study of Journalism
Zum Weiterlesen:
- TrendReport 2023 des Reuters Institute for the Study of Journalism an der University of Oxford (PDF)
- BR-Medienmagazin: Gespräch mit Medienexpertin Alexandra Borchardt zu den Medientrends 2023
- Medienexperte Nic Newman sieht „tiefe Unsicherheit“ in der Medienbranche 2023
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