Reuters Institute Digital News Report 2022 veröffentlicht

Das Interesse an Nachrichten ist in Deutschland deutlich gesunken; nur noch 57 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden interessieren sich für Informationen über das aktuelle Geschehen. Das sind zehn Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Themenmüdigkeit, das Hervorrufen schlechter Laune und Erschöpfung aufgrund der Vielzahl an Informationen sind die Hauptgründe hierfür. Zudem empfinden insbesondere junge Menschen Nachrichten für sie persönlich nicht als wichtig oder nützlich und finden es oft schwer, sie zu verstehen. Dennoch werden nach wie vor viele Menschen von Nachrichten erreicht. Das sind Ergebnisse des Reuters Institute Digital News Report 2022, dessen deutsche Teilstudie vom Leibniz-Institut für Medienforschung in Hamburg durchgeführt wurde.

Nachrichtenmüdigkeit unter deutschen Onlinern

In der langfristigen Betrachtung ist das Nachrichteninteresse der Deutschen tendenziell rückläufig. 57 Prozent der Erwachsenen sagen im Jahr 2022, dass sie sehr oder überaus an Nachrichten interessiert sind (2021: 67 Prozent). Gleichzeitig versucht jeder zehnte Onliner im Alter ab 18 Jahren oftmals bewusst, den Nachrichten aus dem Weg zu gehen; 65 Prozent zumindest gelegentlich. Diese Zahlen haben sich innerhalb der vergangenen fünf Jahre in allen Altersgruppen deutlich erhöht.

Auffällig sind die vergleichsweise hohen Anteile unter den 18- bis 24-Jährigen, die als Grund angeben, dass Nachrichteninhalte zu Streitigkeiten führen, und die das Gefühl haben, mit den Informationen nichts anfangen zu können bzw. sie nicht zu verstehen. Trotz dieser Entwicklungen ist der gesamte Anteil der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland, die mindestens mehrmals pro Woche Nachrichten lesen, hören oder schauen, mit 92 Prozent stabil.

Reichweitenstärkste und wichtigste Nachrichtenquellen

Um sich über aktuelle Ereignisse vor der eigenen Haustür, in Deutschland und in der Welt zu informieren, verwenden die meisten erwachsenen Onliner in Deutschland 2022 das Internet. Mit 68 Prozent wöchentlicher Reichweite hat es sich erstmals vor das Fernsehen geschoben (65 Prozent).

Insgesamt dominieren traditionelle Nachrichtenanbieter die Nachrichtennutzung im Netz. 47 Prozent lesen, schauen oder hören regelmäßig die Inhalte etablierter Nachrichtenseiten; bei den 18- bis 24-Jährigen sind es 49 Prozent. In dieser Altersgruppe sind jedoch soziale Medien mit 55 Prozent die am weitesten verbreitete Quelle für Nachrichteninhalte im Internet.

Mit Blick auf die Gesamtheit der erwachsenen Onliner zeigt sich in der jüngeren Vergangenheit vergleichsweise wenig Veränderung bei den Angaben zu den wichtigsten Nachrichtenquellen: Das Fernsehen ist für knapp über 40 Prozent der Befragten die wichtigste Quelle, das Internet für knapp unter 40 Prozent, Radio für ca. elf Prozent und Zeitungen bzw. Zeitschriften für ca. sieben Prozent. Soziale Medien sind seit drei Jahren für etwa zehn Prozent der Befragten die Hauptnachrichtenquelle.

Wachsende Zahlbereitschaft für Online-Nachrichten

Im Jahr 2022 zeigt sich ein deutlicher Anstieg derjenigen Onliner, die im vergangenen Jahr im Internet einen gebührenpflichtigen Nachrichtendienst nutzten. 14 Prozent gaben bei der Erhebung an, für digitale Nachrichten Geld ausgegeben zu haben; das sind fünf Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Ein Zuwachs ist in allen Altersgruppen erkennbar, mit plus 14 Prozentpunkten fällt er jedoch am größten in der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen aus: 23 Prozent von ihnen sagen, dass sie im vergangenen Jahr für Nachrichten im Internet bezahlt haben. Eine fortlaufende Zahlung in Form eines Abonnements bzw. einer Mitgliedschaft ist das am häufigsten gewählte Bezahlmodell. Die meisten Abonnements entfallen auf ein lokales oder regionales Nachrichtenangebot.

Weiterführende Links:

Einen Überblick über die weiteren wichtigsten Ergebnisse des neuen Reports finden Sie hier.  

Der Bericht zu den deutschen Ergebnissen ist über die Website des HBI auch als PDF-Version verfügbar.

Weiterführende Informationen zur deutschen Studie finden sich auf der Projektseite des HBI.

Hier geht es zum kompletten Digital News Report 2022 in englischer Sprache.

Hier geht es zu den Ergebnissen der letztjährigen Studie.

Quelle: Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI)

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