Für viele Verlage sind Veranstaltungen ein einträgliches Geschäft, das sie von Anzeigen- und Vertriebserlösen unabhängiger macht. Zudem hilft es, die Bindung zum Leser auszubauen und damit die Kompetenz der Zeitschriftenmarke zu stärken. Dennoch ist das Event-Business alles andere als einfach.

Von Helmut van Rinsum

Es ist ein Gipfeltreffen der Wein-Elite und überdies eine Premiere: Ende November bringt der Meininger Verlag aus Neustadt die weltbesten Weinerzeuger mit den renommiertesten Sommeliers und Weinhändlern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen. Zu den Ausstellern zählen so erlesene Häuser wie Baron Philippe de Rothschild aus Frankreich, das Weingut Schloss Johannisberg aus Deutschland, La Rioja Alta aus Spanien oder Niepoort Vinhos aus Portugal. Sie alle haben ein Paket für 950 Euro gebucht, in dem eine kleine Ausstellungsfläche samt Verkostungstisch und viele andere Services inbegriffen sind, darunter eine Einladung zum abendlichen Get-Together.

Meininger’s Finest 100 International Wine Summit“ heißt die erlesene Veranstaltung, die in der klassizistischen Stadthalle Saalbau in Neustadt stattfindet und für den Meininger Verlag mit ziemlicher Sicherheit ein wirtschaftlicher Erfolg und obendrein ein Imagegewinn sein wird. „Bereits im Februar waren alle Sponsorenverträge unter Dach und Fach, ebenso die Aussteller sowie die Anmeldung der Besucher“, freut sich Geschäftsführerin Andrea Meininger-Apfel.

beitrag_eventMit der kleinen, aber exquisiten Veranstaltung fügt der 1903 gegründete Meininger Verlag seiner Geschäftsstrategie konsequent einen weiteren Baustein hinzu. Den Mittelpunkt bildet ein Portfolio an Fachzeitschriften, Fachbüchern und Fachinformationen, darunter Hefte wie Meiningers Weinwelt, Sommelier oder Weinwirtschaft. Diese weinjournalistische Expertise des Verlags wird flankiert von Messen, Seminaren, Kongressen, Studienreisen oder Wettbewerben – der internationale Weinpreis „Mundus Vini“ zählt zu den renommiertesten der Welt. Rund 30 Prozent seiner Umsätze macht der Verlag mit diesen Veranstaltungen, und es könnten bald noch mehr sein. Während die Umsätze im klassischen Printbereich stagnierten, sähe man hier noch Wachstumspotenzial, so Meininger-Apfel, wobei sich Veranstaltungen und Zeitschriften gegenseitig befruchten. „Alle Events basieren auf der Kompetenz der Printmedien und deren Zielgruppen. Sie haben das Image des Verlags und die Kompetenz der einzelnen Zeitschriften weiter nach vorne gebracht.“

Eine klassische Win-Win-Situation also, zudem eine, die weiter ausbaufähig scheint. Vor allem größere Verlage haben in den vergangenen Jahren ihr Engagement im Veranstaltungsbereich erweitert und damit eine neue Erlösquelle angezapft, die über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten an anderer Stelle hinweghilft. Die Wochenzeitung Die Zeit richtet im Jahr inzwischen rund 150 Veranstaltungen aus. Die Konferenzen, Autorengespräche, Podiumsdiskussionen, Ausstellungen oder Preisverleihungen mit Politikern, Autoren, Wirtschaftsexperten oder Wissenschaftlern werden jährlich von rund 60.000 Menschen besucht.

Die Verlagsgruppe Handelsblatt spielt in einer ähnlichen Liga und organisiert eigenen Angaben zufolge rund 200 Veranstaltungen im Jahr, mit dem Ziel, den Journalismus des Hauses erlebbar zu machen. Das Haus hat dafür eine ganz eigene Interpretation gefunden. Die journalistische Kompetenz werde in drei Darreichungsformen geboten: über Print, Digital und eben Live. Für letzteres wurde kürzlich sogar eine eigene Führungsstelle geschaffen. Börsenexpertin Jessica Schwarzer wurde zur „Leiterin Journalismus Live“ befördert. Ihre Aufgabe: dem Veranstaltungsgeschäft der Wirtschaftszeitung journalistische Impulse zu verleihen.

Im Veranstaltungsgeschäft ist noch Luft nach oben

Die dfv Mediengruppe, zu der Titel wie die Lebensmittel Zeitung, TextilWirtschaft oder Horizont zählen, veranstaltet im Jahr über 140 kommerzielle Events, zu deren Highlights der Fleisch-Kongress oder der Deutsche Medienkongress zählen. Damit setzte der Verlag im vergangenen Jahr 16,4 Millionen Euro um, was nicht nur eine stolze Summe ist, sondern auch gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 6,5 Prozent bedeutet. „Das Veranstaltungssegment ist ein besonders hart umkämpfter Markt. Umso höher ist der von uns erwirtschaftete Zuwachs zu bewerten“, betont Angela Wisken, Sprecherin der dfv Geschäftsführung. „Und wir sehen auch in der Zukunft Chancen in diesem Segment.“ Entsprechend wird auch immer wieder mit neuen Formaten experimentiert. Am 16. März dieses Jahres wurden beispielsweise die „Frankfurter Finanzplatzgespräche“ gestartet, eine Veranstaltungsreihe für Top-Entscheider der Bankenszene. Titel der Auftaktveranstaltung: „Grexit, Brexit, Fixit: Fällt Europa auseinander?“

Andere größere Verlagshäuser haben in den vergangenen Jahren ebenfalls eine Menge investiert und können nun auf eine Infrastruktur zugreifen, die sich von der anderer Kongressveranstalter und Event-Organisatoren nicht zu verstecken braucht. Der Fachverlag Hüthig, der zum Imperium des Süddeutschen Verlags zählt, veranstaltet beispielsweise zusammen mit der Konzernschwester den „Automobil Elektronik Kongress“. Ein weiterer wichtiger Pfeiler des Kongressgeschäfts ist der „Engineering Summit“ in Mannheim, der Führungskräfte des deutschen Industrieanlagenbaus anspricht und hinter dem die Fachzeitschrift Chemie Technik sowie der mächtige Wirtschaftsverband VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) stehen. „Insgesamt ist der Markt sehr dicht besetzt, was das Finden neuer attraktiver Themen zur Herausforderung macht“, resümiert Fabian Müller, der dafür zuständige Geschäftsführer. Eines dieser neuen Ansätze sind beispielsweise Themenparks, die zu ganz speziellen Messen wie der Fachpack in Nürnberg angeboten werden. Dabei handelt es sich um eigens organsierte Sonderausstellungen innerhalb einer Messe, die sich einem bestimmten Themenschwerpunkt widmen.

Die Haufe-Verlagsgruppe ist Vorreiter im Event-Business

Zu den Vorreitern im Event-Business zählt sicherlich die Haufe Verlagsgruppe in Freiburg. Bereits 1978 hat das inzwischen unter Haufe-Lexware firmierende Medien- und Softwarehaus die Haufe Akademie gegründet. Die Unternehmenseinheit bezeichnet sich als führender Anbieter für die Qualifizierung und Weiterentwicklung von Menschen und Unternehmen und bietet jährlich für ganz spezifische Aufgaben- und Fragestellungen über 200 Veranstaltungen in rund 40 Städten. Themen sind Personalmanagement, Rechnungswesen oder Steuerfragen. Zu den größten Veranstaltungen zählen die „Jahresschluss-Tagung Personalbüro“ oder die „Jahres-Tagung Vorbereitung Jahresabschluss“. Haufe berichtet von kontinuierlich steigenden Teilnehmerzahlen.

Der Anteil der Umsätze durch Veranstaltungen wird größer

Dies deckt sich mit Beobachtungen, die der Verein Deutsche Fachpresse in seiner jährlichen Statistik auflistet. Danach machen die Fachzeitschriften zunehmend Umsätze, die aus der Organisation von Veranstaltungen einfließen. Insgesamt erzielten die Fachmedien im Jahr 2015 einen Umsatz von 3,35 Milliarden Euro. Damit stieg der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 105 Millionen. Allein 24 Millionen davon entfallen auf zusätzlich generierte Event-Erlöse (siehe Tabelle). „Wir sehen unser Veranstaltungsgeschäft neben dem Digitalgeschäft als den wichtigsten Wachstumstreiber“, bestätigt Fabian Müller diese Entwicklung.

Erzielt werden diese Steigerungsraten nicht nur durch die größeren Verlagshäuser, die hier ihr Geschäft seit Jahren vorantreiben und kontinuierlich ausbauen. Wie beim Meininger Verlag bildet bei vielen kleineren Unternehmen das Event-Business inzwischen eine wichtige Einnahmequelle. Die Grundlage bildet dabei die journalistische Kompetenz der Redaktion. „Jede Veranstaltung ist nur so gut wie das Renommé und die Kompetenz der entsprechenden Fachzeitschrift“, unterstreicht Andrea Meininger-Apfel. „Unsere Redaktionen sind für den Erfolg von Veranstaltungen sehr wichtig, da sie Trends, wichtige Themen und die maßgeblichen Personen der Branche am besten kennen“, sagt Fabian Müller.

32.000 Besucher drängen sich bei der Custombike-Show

Wie wichtig diese Kernkompetenz ist, wird am Beispiel des Huber Verlags deutlich, einem 1980 in Mannheim gegründeten Unternehmen, das Bücher und Magazine rund um Motorräder, Tattoos und Lifestyle produziert. Der Verlag richtete im Dezember 2005 erstmals die Custombike-Show im Messezentrum von Bad Salzuflen aus, nicht ahnend, dass er damit genau den Nerv seiner Zielgruppe getroffen hatte. Rund 16.000 Besucher drängten in die beiden Messehallen, um veredelte Mopeds zu bewundern. Inzwischen ist daraus die weltgrößte Messe für umgebaute Motorräder entstanden: Im vergangenen Jahr kamen 32.000 Besucher; 300 Firmen zeigten auf 23.000 Quadratmetern alles, was zum Individualisieren von Motorrädern so möglich ist.

„Veranstaltungen bieten für die Kundenbindung und Imagebildung unserer Magazintitel einen signifikanten Mehrwert“, sagt Stefan Welling, Marketing & Medienberater vom Huber Verlag. Außerdem seien sie wichtig für die weitere Fortentwicklung. Mit den Umsätzen könnte man neue Projekte und Ideen finanzieren, was wiederum zu einer steigenden Bekanntheit der Magazine führe. Welling: „Zeitgleich wächst der Personalbedarf, wodurch neue Arbeitsplätze entstehen.“

Trotz solcher Erfolgsstorys zögern noch immer viele kleinere Verlage mit einem Ausflug ins Veranstaltungsgeschäft. Ihnen fehlen Mitarbeiter mit einschlägiger Erfahrung, sie verweisen auf die starke Konkurrenz und fürchten, auf den Kosten sitzenzubleiben. Tatsächlich können Fehler wie ein unpassender Termin, der ungeeignete Standort oder auch die falschen Themen und Referenten dazu führen, dass die angebotene Veranstaltung kaum Akzeptanz findet. Die Standards und damit die Erwartungen der Teilnehmer sind hoch. Andererseits aber haben die Verlage gegenüber anderen Veranstaltern einen großen Vorteil: Sie verfügen mit ihren Titeln, digitalen Kanälen und Adressen über das nötige Instrumentarium, um bei ihrer Zielgruppe für ihr Event zu werben – zum Selbstkostenpreis. Zudem darf der Ausflug ins Eventgeschäft nicht als einmaliges Abkassieren zusätzlicher Erlöse, sondern als Aufbau eines neuen Geschäftsfeldes gesehen werden, das sich vielleicht erst nach ein paar Jahren trägt. Man sollte also nicht gleich danach trachten, mit der Erstveranstaltung den maximalen Deckungsbeitrag zu erzielen, sagt Andrea Meininger-Apfel. Es ginge darum, mit einem professionellen Event die Zielgruppe für weitere Veranstaltungen zu gewinnen.

Es reicht nicht mehr aus, nur Papier zu bedrucken

So eine nachhaltige Betrachtung spielten auch bei Nikolaus Förster eine Rolle, der vor gut drei Jahren vom Gruner + Jahr Verlag im Rahmen eines Management Buy Outs (MBO) das Wirtschaftsmagazin Impulse übernahm. Von vorneherein bildete das Eventgeschäft eine wichtige Säule in der Unternehmensstrategie, sich von Anzeigen- und Vertriebserlösen unabhängiger zu machen. Es reiche nicht mehr aus, als Verleger Papier zu bedrucken oder digitale Inhalte zu produzieren, so Förster gegenüber dem Online-Portal Meedia. Man müsse zum Leser eine Kundenbeziehung aufbauen. Veranstaltungen wie die Konferenz „Aus Fehlern lernen“, auf der namhafte Unternehmer im November über erfolgreiche Strategien aus einem anderen Blickwinkel berichten, sollen dabei helfen. Zudem sollen sie die Bilanz verbessern. Das laufende Jahr will Impulse erstmals seit dem MBO mit einem Gewinn abschließen. Das Eventgeschäft hätte dazu dann seinen Teil beigetragen.