Ab Januar 2019 gilt das neue Verpackungsgesetz. Auch Zeitschriftenverleger sind davon betroffen. Doch zahlreiche Fragen bleiben offen.

Von Patrick Priesmann, SZV-Geschäftsführer

Das ab dem 1. Januar 2019 geltende Verpackungsgesetz (VerpackG) betrifft alle, die gewerblich Verpackungen in Verkehrbringen und deren Empfänger der verpackten Ware private Haushalte und „vergleichbare Anfallstellen“ (B2C) sind. Im großgewerblichen oder industriellen B2B-Bereich, wo hochvolumige Verpackungsmengen anfallen, müssen Hersteller bzw. Vertreiber innerhalb der Lieferkette gebrauchte, restentleerte Verpackungen gleicher Art, Form und Größe vor Ort kostenfrei zurückzunehmen. Anders sieht es im B2C-Bereich aus, hier fällt oft Verpackungsmüll an, für dessen Entsorgung bislang noch keine Lizenzgebühr gezahlt wurde. Die Dualen Systeme blieben hier auf den Entsorgungskosten sitzen. Genau diese Lücken will das Verpackungsgesetz nun schließen.

Hersteller, besser Inverkehrbringer der Verpackungsmaterialien, müssen sich laut Gesetz bis Januar bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) online registrieren (www.verpackungsregister.org) . Dieses Register ist ab Januar für jeden einsehbar. Zugleich muss der Hersteller einen Vertrag mit einem Systembetreiber der Abfallrecyclingbranche (Duales System) schließen und für die gemeldeten Verpackungsmengen eine Lizenzgebühr entrichten. Diese fällt aber nur für systembeteiligungspflichtige Verpackungen an. In Auslegung des Gesetzes hat die ZSVR einen umfangreichen Produktekatalog veröffentlicht (s. u.).

Mit welchen Fragen sich Zeitschriftenverlage in Sachen Verpackungsgesetz 2019 auseinandersetzen müssen, haben wir im Folgenden für Sie zusammengefasst. Wichtig: Bezüglich des VerpackG sind noch viele Fragen offen. Die hier aufgeführten Informationen und Empfehlungen sind nach derzeitigem Sachstand mit besten Wissen erstellt worden, bieten aber keine finale Rechtssicherheit.

Wen betrifft das Gesetz?

Das „Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen” betrifft alle, die in Deutschland Waren gewerbsmäßig in Verkehr bringen, die verpackt beim Endverbraucher ankommen. Betroffen sind nicht nur die originären Hersteller der Verpackung, sondern insbesondere auch die Unternehmen, die einen Dienstleister mit der Verpackung (und dem Versand) einer Ware beauftragt haben.

Verpackungen definiert das Gesetz als „aus beliebigen Materialien hergestellte Erzeugnisse zur Aufnahme, zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung oder zur Darbietung von Waren, die vom Rohstoff bis zum Verarbeitungserzeugnis reichen können, vom Hersteller an den Vertreiber oder Endverbraucher weitergegeben werden“. Unabhängig vom verwendeten Material sind alle Verpackungen gleichermaßen „systembeteiligungspflichtig“. Sie müssen also über Entsorger der Abfallwirtschaft bzw. Recyclingbranche (sog. Systembetreiber) entsorgt werden.

In Bezug auf Zeitschriftenverlage hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) hinsichtlich der bislang geltenden Verpackungsverordnung (VerpackO) bereits im Dezember 2009 festgestellt: „Der Systembeteiligungspflicht unterliegen der Verlag oder Kunde eines Druckhauses, wenn die Herstellung der Druckerzeugnisse sowohl hinsichtlich der Gestaltung des Druckerzeugnisses als auch hinsichtlich der Gestaltung der Verpackung (z. B. Katalog-, Postwurfverpackung) nach seinen Vorgaben geschieht.“

Diese Aussage lässt vermuten, dass Zeitschriftenverlage, die ihre Zeitschriften zum Versenden von Dienstleistern verpacken bzw. verschweißen lassen im Gegensatz zu den Druckereien, die diese produzieren und verpacken, systembeteiligungspflichtig sind. Dies gilt ebenso für den Bereich des Corporate Publishing: Hier werden Verlage von Unternehmen damit beauftragt z. B. Kundenmagazine zu erstellen und diese im Namen des Industriepartners an Endkunden zu verschicken. Entsprechend tritt der Industriepartner als Hersteller im Sinne des VerpackG auf. Er muss sich und seine Marke registrieren. Was zählt ist am Ende der „Absender“, der auf der Verpackung steht, unabhängig davon, wer im Impressum aufgeführt ist.

Unterstützt wird diese Annahme von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.09.2015, in dem es um die verpackungsrechtliche Verantwortung bei Eigenmarken des Handels ging. Hier kam das Gericht zu folgendem Ergebnis: „Werden Verkaufsverpackungen für ein Handelsunternehmen unter Verwendung seiner Eigenmarke und ohne Hinweis auf den Abfüller in den Verkehr gebracht, muss sich das Handelsunternehmen dies zurechnen lassen. In einem solchen Fall ist nicht der Abfüller, sondern das Handelsunternehmen Erstinverkehrbringer und damit verpflichtet, sich für die Verkaufsverpackungen an einem Rücknahmesystem zu beteiligen und eine Vollständigkeitserklärung abzugeben.“

Ausschlaggebend und entsprechend systembeteiligungspflichtig ist demnach das Unternehmen, das die Hoheit über die Ausgestaltung und namentliche Kennzeichnung der Verpackung hat. Das kann, muss aber nicht der originäre Hersteller der Verpackung sein.

Wo müssen Sie sich bis 2019 anmelden?

Ein Schwerpunkt des neuen Verpackungsgesetzes ist die Erfassung und Verwertung von Verpackungen. Dazu wurde die Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) ins Leben gerufen, die ab dem 01. Januar 2019 u. a. als beliehene Behörde mit hoheitlichen Aufgaben fungiert. Hier müssen sich alle systembeteiligungspflichtigen Unternehmen bis zum Jahresende mit ihren Stammdaten und Marken registrieren. Die Registrierung beim Verpackungsregister ist kostenlos und erfolgt im Internet über die Datenbank LUCID. Betroffene Unternehmen eröffnen hier ein Konto und bekommen eine Registrierungsnummer, die sie im Anschluss benötigen, um einen Vertrag mit einem Systembetreiber bzw. Entsorger des dualen Systems abzuschließen.

Die SZVR ist in diesem Zusammenhang nicht nur für die Registrierung zuständig. Sie überwacht auch den Markt und kann Verstöße gegen das Gesetz bei den Vollzugsbehörden der Länder anzeigen. Unterstützend wirkt dabei die Tatsache, dass die Datenbank öffentlich zugänglich ist. So kann jeder einsehen, welche Unternehmen gelistet sind und ob sie den Anforderungen des VerpackG gerecht werden. Gleichzeitig steigt der Druck, auch alle in Verkehr gebrachten Verpackungen zu melden, um Vertriebsverbote und Bußgelder von bis zu 200.000 Euro zu vermeiden.

Wer bezahlt die Entsorger?

Nach der Registrierung beim Verpackungsregister müssen die Verpackungen dem dualen System gemeldet werden. Dazu wird ein Vertrag mit einem der neun Anbieter abgeschlossen und eine Lizenzgebühr fällig. Sie richtet sich nach der im Vorfeld getätigten Mengenanmeldung. Diese beruht wiederum auf Schätzwerten und wird im Folgejahr (Stichtag 15. Mai) rückwirkend durch die Meldung der final realisierten Menge ersetzt. Dabei gilt: Je besser die Verwertbarkeit der benutzten Verpackungen ist, desto günstiger fallen die Lizenzgebühren aus. Die Lizenzgebühren für Kleinstmengen fangen nach Angaben einzelner Systembetreiber bei unter 100 Euro für eine Tonne Papier bzw. unter 200 Euro für eine Tonne Kunststoff an. Diese Preise dienen allerdings lediglich zur Orientierung und sind stets abhängig vom Einzelfall.

Wie oft und wann informieren?

Die Mengenanmeldungen müssen immer zeitgleich sowohl an das duale System als auch an die ZSVR abgegeben werden. Bis zum 15. Mai muss zudem eine Vollständigkeitserklärung für das Vorjahr abgeben werden, in der sämtliches erstmals in Verkehr gebrachte Verkaufs- und Umverpackungen erfasst wurden. Letzteres betrifft jedoch nur Unternehmen, die die Schwellenwerte für bestimmte Materialarten (Glas: 80 Tonnen; Papier, Pappe und Karton: 50 Tonnen; sonstige Materialien wie Leichtstoffverpackungen: 30 Tonnen) übertroffen haben.

Welche Verpackungen sind betroffen?

Orientierung darüber, welche Verpackungsarten betroffen sind, bietet der „Katalog systembeteiligungspflichtiger Verpackungen“ auf der Homepage des Verpackungsregisters, in dem je nach Branche typische Verpackungsarten und -größen aufgelistet sind. Ergänzend dazu gibt es einen Leitfaden zum richtigen Umgang mit dem Katalog. Laut ZSVR kann die Systembeteiligungspflicht von Verpackungen mit diesem Katalog ab 2019 eindeutig und rechtssicher bestimmt werden. Da er jährlich überarbeitet und aktualisiert werden wird, empfiehlt es sich, hier systematisch nach Updates zu schauen (Holpflicht der Hersteller).

Die für Sie als Zeitschriftenverleger besonders relevanten Produktgruppen finden Sie im Katalog systembeteiligungspflichtiger Verpackungen der ZSVR unter der Kennziffer „33 000 Printmedien“ (PG-Nr.: 33-000, Produktgruppe: Printmedien, P-Nr: 33-000-0050, Produkt: Zeitschriften). Für Zeitschriften erklärt der Katalog: „Verpackungen von Zeitschriften fallen mehrheitlich im Handel an und sind nicht systembeteiligungspflichtig. Über zwei Fünftel aller Zeitschriften werden per Abonnement bezogen. Verpackungen von abonnierten Zeitschriften fallen zum Teil auch in Haushalten und im Kleingewerbe an, wenn sie von Zeitungsausträgern zugestellt werden. Im überwiegenden Teil der Fälle werden die Verpackungen von Zeitschriften, die durch Zeitschriftenausträger zugestellt werden, durch den Zulieferbetrieb zurückgenommen und somit über den Handel entsorgt. Verpackungen von nicht abonnierten Zeitschriften fallen ebenfalls mehrheitlich im Handel an.“

„Versandverpackungen jeder Art sind demgegenüber systembeteiligungspflichtig. Dies umfasst insbesondere Einzeleinschläge im Postversand, jedoch auch jede andere Form von Versandverpackung.“

Nach dieser Aussage sind Verpackungen von Zeitschriften im Handel (!) nicht systembeteiligungspflichtig. Beratende Recyclingfirmen sehen das nach unserer Kenntnis anders, weil sie meinen, einzeln verpackte Zeitschriften und verpackte Zugaben auf Zeitschriften fallen typischerweise beim privaten Endverbraucher an. Deshalb lassen einige Verlage auch diese Verpackungen vom Dualen System lizenzieren.

Bei den Versand- und Transportverpackungen sind aus beiden Materialgruppen PPK (Papier, Pappe, Karton) sowie Kunststoff folgende Arten systembeteiligungspflichtig:

  • Beutel, Einschläge als Versandverpackung aller Art
  • Versandtaschen aller Art
  • Versandverpackungen aller Art

Diese müssen Sie also bei Ihrem Systempartner angeben und anrechnen lassen. Dabei sind laut Gesetzestext Versandverpackungen alle Materialien, die „den Versand von Waren an den Endverbraucher (…) ermöglichen oder (…) unterstützen“. Dies schließt das gesamte Verpackungsmaterial, also auch Füllmaterialien und ähnliches mit ein.

Was sind „vergleichbare Anfallstellen?

Zu den privaten Endverbrauchern zählt das Verpackungsgesetz „private Haushaltungen“, aber auch „die nach der Art der dort typischerweise anfallenden Verpackungsabfälle vergleichbaren Anfallstellen“. Diese gelten als private Endverbraucher, weil sie an sie gelieferte Waren nicht mehr weiter veräußern und auf ähnliche Weise entsorgen wie private Haushaltungen. Handelt es sich bei den vergleichbaren Anfallstellen also nicht um großgewerbliche Anfallstellen, dann sind auch solche Verkaufsverpackungen an einem dualen System zu beteiligen, die an Geschäftskunden abgegeben werden.

Hier stellt sich für Verleger zahlreicher Fachzeitschriften die Frage, ob auch ihre Abonnenten in Firmen arbeiten, die zu den „vergleichbaren Anfallstellen“ gehören. Denn das würde – sofern die Zeitschriften in Versandverpackungen an die Abonnenten verschickt werden – zu einer unmittelbaren Systembeteiligungspflicht der Verlage führen. Das Risiko, dass dem so ist, ist hoch. Denn die Tatsache, die unter den vergleichbaren Anfallstellen „Verwaltungen und Behörden“ aufgeführt sind, lässt vermuten, dass die Einordnung auch für ähnliche Arbeitsstellen in der freien Wirtschaft, wie z. B. Büros in größeren Firmen gilt.

Was bedeutet das Gesetz für uns?

Für Zeitschriftenverlage bedeutet das Verpackungsgesetz derzeit Mehrarbeit und ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit. So gibt es in Fachkreisen unterschiedliche Auffassungen zur Gesetzesauslegung sowie zu den von der ZSVR aufgesetzten Leitfäden – angefangen mit unklaren Begriffsdefinitionen bis hin zu in sich widersprüchlichen Aussagen von Seiten der Behörden. Deshalb gilt es für Zeitschriftenverlage bestmögliche Vorkehrungen zu treffen, um Risiken wie Vertriebsverbote oder Bußgelder zu vermeiden und die Rechtsprechung bzw. die Entscheide der ZSVR im nächsten Jahr genau im Blick zu behalten.

Was müssen Sie jetzt tun?

Angesichts der jetzigen Rechtsunsicherheit und der fehlenden Unterstützung von Seiten der ZSVR empfiehlt es sich nach einem Worst-Case-Szenario vorzugehen. So sollten Verlage im Zweifel – und so lange von Seiten der Gerichte oder der ZSVR nichts Gegenteiliges verlautbart wurde – davon ausgehen, dass sie eine Systembeteiligungspflicht trifft. Entsprechend sollten sie sich bei der ZSVR registrieren und bei einem zugelassenen Systembetreiber des dualen Systems lizenzieren lassen.

Achten Sie aber bei Abschluss des Systembeteiligungsvertrages darauf, dass das Duale System eine Vergütung nur für systembeteiligungspflichtige Verpackungen erhebt. Sollte sich später herausstellen, dass Sie in bestimmten Fällen keine Systembeteiligungspflicht trifft, dann müssen Ihnen die im Voraus bezahlten Lizenzgebühren vom Systembetreiber rückvergütet werden.

Gerade für kleine Verlage bleibt das Risiko so überschaubar. Nochmals: Die Lizenzgebühren liegen bei bis zu einer Tonne Papierabfall bei unter 100 Euro und bei Plastik bei unter 200 Euro im Jahr – die Bußgelder sind aber gravierend höher.


Behördliche Rechtsauskunft

Der Dialog mit der Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) ist schwierig. Die Telefon-Hotline gibt nur technische Hilfe zum Registrierungsprozess und Verpackungsregister LUCID (werktags 9 – 17 Uhr). Rechtliche Anfragen und unternehmensspezifische Einzelauskünfte können nur per E-Mail eingereicht werden (anfrage@verpackungsregister.org). Hilfreich für die eigene Recherche sind aber der „How-To-Guide“ und der FAQ-Katalog auf der ZSV-Website www.verpackungsregister.org. Zudem gibt es – angeblich eindeutig und rechtssicher – zur Orientierung den Katalog systembeteiligter Verpackungen, samt Leitfaden für dessen Nutzung. Da dieser Katalog ab 2019 jährlich überarbeitet und aktualisiert werden wird, empfiehlt es sich, hier regelmäßig nach Aktualisierungen zu schauen. Hersteller sind hier in der Holpflicht.


Dieser Artikel ist in Papierform Mitte Dezember 2018 in der impresso 04_2018 erschienen.