In Zeiten des Multi-Channel-Publishings für Verlage unverzichtbar

Cover impresso 03-2021

XML ist die perfekte Basis für die Mehrfachverwendung von Inhalten – und damit in Zeiten des Multi-Channel-Publishings für Verlage unverzichtbar. Eine Leseprobe aus der neuen Ausgabe 3/2021 unseres Mitgliedermagazins impresso.  

 

 

 

 

 

Warum, bitte, machen wir uns die Welt oft komplizierter, als sie sein müsste? Und warum arbeiten wir meist mehr, als nötig wäre? Die Antwort ist einfach: Das alles ist nur wenigen von uns bewusst. Und wer etwas grundlegend ändern will, gewinnt ohnehin nicht den Beliebtheitswettbewerb. Nicht umsonst singen die Bremser das Hohelied des Beharrens. Tenor: Das haben wir schon immer so gemacht. Punkt. Aus. Kommt jetzt noch hinzu, dass sich das Neue mit einem so unsympathischen Kürzel wie XML schmückt, wird die Lage ganz düster.

Wobei an dieser Stelle schon die erste Korrektur nötig wäre. Denn XML ist eigentlich ein alter Hut. Die drei Buchstaben stehen für „Extensible Markup Language“, was so viel heißt wie erweiterbare Auszeichnungssprache. Die Geburtsurkunde wurde am 10. Februar 1998 vom World Wide Web Consortium ausgestellt, also vor mehr als 23 Jahren. Und wer in den 90er-Jahren mit FrameMaker gearbeitet hat, erinnert sich an SGML, die Standard Generalized Markup Language – wenn man so will, ein Vorgänger und naher Verwandter von XML. Teile der SGML-Erbschaft finden sich in HTML. XML wird in Expertenkreisen daher als eine Untermenge von SGML bezeichnet. In der Praxis hat XML bereits in vielen Bereichen SGML abgelöst.

Medienneutrale Datenaufbereitung und „kluger Inhalt“

Das Konzept hinter XML ist genial. Denn damit wird es möglich, Daten zwischen verschiedenen Computersystemen auszutauschen, viele für Verlage typische Prozesse zu automatisieren und die Wertschöpfung auf Basis des Contents deutlich zu erhöhen. Da klingeln den Controllern natürlich sofort die Ohren. Aber hier sei gewarnt: Natürlich ist XML aus der Verlagsbranche inzwischen nicht mehr wegzudenken. Aber der Umstieg aus der Old-School-Welt ist alles andere als trivial. Vor allem in vielen Köpfen müssen eingerostete Hebel umgelegt werden. Denn vielen geht es wie unserem letzten Kaiser Wilhelm II., der nach der Erfindung des Automobils dreist ankündigte: „Die Zukunft gehört dem Pferd!“ Also nähern wir uns dem Thema am besten ganz vorsichtig.

Für jede Führungskraft in einem Verlag ist es mittlerweile eine Binse, dass der Kampf um die Aufmerksamkeit des Lesers (neudeutsch: User) nicht auf einem Distributionskanal gewonnen werden kann. Wer vorne mitmischen will, muss die Formel A hoch 3 zum Leitmotiv machen. A hoch 3 gleich anything, anytime, anywhere. Das hatten sich ja Leser, Hörer und User schon immer gewünscht. Informationen zu einem beliebigen Thema nach Wahl, und das zu jeder Zeit und an jedem Ort. Vor Internet und mobilen Endgeräten war das ein frommer Wunsch.

Inzwischen aber ist es Standard. Will heißen: Mal wird der Kanal Print genutzt, dann wieder die Website, der E-Mail-Newsletter, ein Blog oder diverse Social-Media-Kanäle. A hoch 3 eben.

Mit redaktioneller Arbeit und Medienproduktion wie dunnemals ist das nicht zu stemmen. Denn Inhalte, wie wir sie früher erzeugten, sind dumm. Und zudem sind sie überfrachtet mit Datenmüll, der nur in einem Kanal sinnvoll sein mag, in allen anderen aber nur stört.

Von Tobias Ott, Geschäftsführer der Tübinger pagina GmbH und anerkannter XML-Experte, gibt es dazu ein anschauliches Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie würden mit Microsoft Word den Text „Zutaten: 1 frisches Huhn“ schreiben und speichern. Dann entstünde eine Datei in einer Größe von rund 20 Kilobyte, also 20.000 Byte. Der reine Text freilich hat nur 24 Zeichen, was lächerlichen 24 Byte entspricht. Woher kommen die anderen rund 20.000 Byte? Nun, darin sind all die Informationen codiert, die Word benötigt, um diesen Text auf ein Stück Papier drucken zu können: Format des Dokuments, Größe der Ränder unten und oben sowie rechts und links, Schriftart, -schnitt, -größe und -farbe, Buchstaben- und Zeilenabstand. Und. Und. Und.

Das Fatale dabei: So sinnvoll dieser Wust für die Druckausgabe sein mag – sobald andere Kanäle (Web etc.) ins Spiel kommen, hilft er nicht nur nicht, er stört sogar und muss entfernt werden. Erst dann können die für die Darstellung notwendigen Informationen übergestülpt werden, on the flight sozusagen.

Die Alternative zum dummen Inhalt wird in der angelsächsischen Welt „smart content“ genannt, frei übersetzt also „kluger Inhalt“… Weiterlesen in der neuen impresso-Ausgabe

Von Klaus Kresse, Lehrbeauftragter, Journalist, Medienberater, Appenweier

Dieser Artikelauszug wurde der gerade erschienenen Ausgabe 3/2021 unseres Mitgliedermagazins impresso entnommen. Geschäftsführer, Verlagsleiter und leitende Mitarbeiter der Mitgliedsverlage des SZV erhalten die Zeitschrift kostenfrei per Post.

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