Reuters Institute Digital News Report 2021 veröffentlicht – Vertrauen der Deutschen in Nachrichten gestiegen – Zurückhaltung gegenüber kostenpflichtigen Angeboten

Die deutschen Ergebnisse des Reuters Institute Digital News Report 2021 zur Nachrichtennutzung im internationalen Vergleich zeigen, dass fast die Hälfte der deutschen Internetnutzer Falschinformationen zum Coronavirus erhält. Die größten Sorgen, auf Falschinformationen zum Coronavirus zu treffen, bestehen gegenüber Facebook (28 %) und Messenger-Apps (14 %) sowie gegenüber Aktivistinnen und Aktivisten als Absender (31 %). Journalistische Akteure spielen dabei aus Sicht der Befragten nur eine äußerst geringe Rolle (6 %). Der Reuters Institute Digital News Report, dessen deutsche Teilstudie jährlich vom Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI) durchgeführt wird, basiert 2021 auf 92.372 Befragten aus 46 Ländern auf sechs Kontinenten. Der internationale sowie der deutsche Bericht 2021 wurden gestern in London veröffentlicht.

12 wichtige Ergebnisse aus der deutschen Teilstudie:  

  1. Das Nachrichteninteresse und die Nachrichtennutzungshäufigkeit in Deutschland bleiben auf hohem Niveau stabil. 92 Prozent der erwachsenen deutschen Onliner lesen, hören oder schauen 2021 mindestens mehrmals pro Woche Nachrichten (2020: 94 %) und 67 Prozent sagen, dass sie sehr oder überaus an Nachrichten interessiert sind (2020: 71 %).
  2. In der Betrachtung der Einzelgattungen sind Nachrichten im linearen Programmfernsehen der am weitesten verbreitete Zugangsweg, um sich über das aktuelle Geschehen zu informieren.
  3. Nachrichten in Zeitungen und Zeitschriften (26 %) sowie im Radio (40 %) erreichen 2021 weniger erwachsene Onliner als im Vorjahr 2020. In allen Altersgruppen sind geringere Reichweiten in diesen Gattungen feststellbar. Dies steht vermutlich auch im Zusammenhang mit den pandemiebedingten Veränderungen des Arbeitsalltags und dem Wegfallen des Arbeitswegs, welcher oft mit Radiohören im Auto oder dem Kauf einer Zeitung für Pendelfahrten verbunden ist.
  4. 69 Prozent der Onliner geben 2021 an, regelmäßig Nachrichten im Internet zu nutzen (2020: 70 %). 40 Prozent der Befragten bezeichnen das Internet als ihre wichtigste Nachrichtenressource, zwei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Für 70 Prozent der 18- bis 24-Jährigen ist das Internet der wichtigste Weg, um sich über aktuelle Nachrichten zu informieren. 46 Prozent der jüngsten Altersgruppe erhalten Nachrichten ausschließlich im Internet. Dieser Anteil ist im Vergleich zum Vorjahr 2020 um neun Prozentpunkte angestiegen (2020: 37 %, 2019: 31 %).
  5. Von den vielen Nachrichtenquellen im Internet kommen die meisten Menschen am ehesten über soziale Medien mit Nachrichten in Kontakt (31 %). Das gilt insbesondere für die 18- bis 24-Jährigen, von denen die Hälfte (52 %) regelmäßig Nachrichten in sozialen Medien sieht, liest oder hört. Allerdings verzeichnen Nachrichten in sozialen Medien 2021 gegenüber den Vorjahren sinkende Reichweiten in allen Altersgruppen.
  6. WhatsApp, YouTube und Facebook sind die sozialen Medien, die unter erwachsenen Internetnutzern in Deutschland am weitesten verbreitet sind, und dementsprechend auch die Plattformen, auf denen anteilig die meisten Nutzer mit Nachrichteninhalten in Kontakt kommen. 18 Prozent sehen im Jahr 2021 regelmäßig Nachrichten auf Facebook (2020: 22 %), 17 Prozent auf WhatsApp (2020: 16 %) und 16 Prozent auf YouTube (2020: 14 %).
  7. 53 Prozent der Befragten vertrauen im Allgemeinen den Nachrichten in Deutschland. Das sind acht Prozentpunkte mehr als im vergangenen Jahr (2020: 45 %). Ein Anstieg ist in allen Altersgruppen zu beobachten, am stärksten jedoch unter den 18- bis 24-Jährigen (2021: 48 %; 2020: 31 %).
  8. Mit 46 Prozent hat fast die Hälfte der Befragten innerhalb einer Woche falsche oder irreführende Informationen zu Covid-19 Die größten Sorgen, auf Falschinformationen zu treffen, bestehen gegenüber Facebook (28 %) und Messenger-Apps (14 %) sowie gegenüber Aktivistinnen und Aktivisten als Absender (31 %).
  9. Um Nachrichten im Internet zu lesen, zu hören oder anzuschauen, verwenden 61 Prozent der Befragten regelmäßig ein Smartphone (2020: 58 %).
  10. Die Nutzerschaft von Podcasts wächst nicht mehr so schnell wie in den vorhergehenden Jahren. 25 Prozent der erwachsenen Onliner in Deutschland hören 2021 mindestens einmal einen Podcast pro Monat (2020: 24 %).
  11. Der Anteil der erwachsenen Onliner in Deutschland, die für Nachrichtenangebote im Internet Geld ausgegeben haben, bleibt im Jahr 2021 mit neun Prozent stabil (2020: 10 %). Unter denjenigen, die im vergangenen Jahr nicht für Online-Nachrichten bezahlt haben, halten es elf Prozent für wahrscheinlich, dass sie ihr Verhalten in den nächsten zwölf Monaten ändern. Am größten ist die zukünftige Zahlungsbereitschaft für Online-Nachrichten in der jüngsten Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen (19 %).
  12. Die Zurückhaltung gegenüber kostenpflichtigen Nachrichteninhalten im Internet steht in einem gewissen Widerspruch zu dem Befund, dass etwa die Hälfte (49 %) der Onliner in Deutschland den Eindruck hat, die Nachrichtenmedien seien in einer schwierigen finanziellen Situation. Allerdings wissen 39 Prozent nicht, wie die finanzielle Lage kommerzieller Nachrichtenanbieter am besten beschrieben werden kann, und 20 Prozent meinen, dass die meisten Anbieter mehr Gewinn machen als vor zehn Jahren. Eine finanzielle Unterstützung der Verlage durch die Regierung lehnt die Hälfte der Befragten ab.

Weiterführende Links:

Der Bericht zu den deutschen Ergebnissen ist über die Website des HBI als PDF-Version verfügbar.

Julia Behre, die Co-Autorin der deutschen Teilstudie, erklärt die Befunde im BredowCast, dem Podcast des HBI.

Hier geht es zum kompletten Digital News Report 2021 in englischer Sprache.

Hier geht es zu den Ergebnissen der letztjährigen Studie.

Quelle: Quelle: Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI)

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