Wer heute ungefragt in den Medien abgebildet wird, der sieht gerne mal sein Persönlichkeitsrecht verletzt und verlangt eine Entschädigung. Doch so einfach ist es nicht. Unter bestimmten Umständen dürfen auch unbeteiligte Personen gezeigt werden ohne eine Strafe befürchten zu müssen.

Von Dr. Michael Rath-Glawatz, Rechtsanwalt, Hamburg, www.rechts-rath.de

Die Zeiten ändern sich. Waren früher Fotos eher die Ausnahme, so scheint es heute so zu sein, dass alles bebildert werden muss, selbst wenn das Foto noch so klein und sein Illustrationswert eher fraglich ist. Wenn vor Jahren von jemandem – für ihn überraschenderweise – in einem Printmedium ein Foto abgedruckt war, dann wurde höflich bei Verlag angefragt, ob man denn vielleicht einen Abzug bekommen könnte. Heute geht man zum Anwalt, verlangt Unterlassung und vor allem eine Geldentschädigung, weil man sein Persönlichkeitsrecht verletzt sieht.

Die Ausgangslage ist klar: „Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden“, so § 22 Kunsturhebergesetz (KUG), eine Vorschrift, von der die wenigsten schon mal etwas gehört haben. Bezüglich der Ausnahmen (§ 23 KUG) wird es schon schwieriger. Ohne Einwilligung dürfen veröffentlicht werden: „Bildnisse der Zeitgeschichte“, „Bilder, auf denen Personen nur als Beiwerk“ zu sehen sind sowie „Bilder von Versammlungen und Aufzügen“.

Zählt die Person zu den absoluten Personen der „Zeitgeschichte“, so darf dessen Foto auch ohne Genehmigung veröffentlicht werden. Beispiel: Ein Foto des Bundespräsidenten im Rahmen seiner Dienstausübung. Aber Vorsicht: Fotos aus dem Privatleben Prominenter wie auch Fotos von nicht-prominenten Begleitpersonen Prominenter sind in der Regel tabu. Zählt eine Person nicht per se zum Kreis der absoluten Personen der „Zeitgeschichte“, sondern tritt nur auf Grund eines besonderen Umstandes in das Licht der Öffentlichkeit, so dürfen auch von diesen sogenannten relativen Personen der Zeitgeschichte ungenehmigt Fotos veröffentlicht werden.

Aber auch hier ist Vorsicht geboten: Diese Erlaubnis reicht immer nur so weit, wie auch die Bedeutung der relativen Person der Zeitgeschichte reicht. Beispiel: Durch den spektakulären Einsatz eines Normalbürgers wird eine Katastrophe verhindert, so dass der „Retter“ – aber auch nur im Zusammenhang mit der Berichterstattung über seinem Einsatz – genehmigungsfrei abgebildet werden darf.

Was aber ist mit den vielen „harmlosen“ Fotos, die Menschen im Alltagsleben zeigen? Passanten in einer Fußgängerzone, Arbeiter in einer Fabrikhalle, Bauern auf dem Feld, Zuschauer bei einem Sportereignis, Teilnehmer an einer Demonstration, Kunden beim Einkauf im Supermarkt?

Vorab zunächst einmal: Unverpixelte Fotos von Kinder und Jugendlichen verbieten sich von selbst (nur dann, wenn die Einwilligung der Erziehungsberechtigten vorläge, könnte auf die Verblendung verzichtet werden). Ebenso verbietet sich, abseits von der Frage der rechtlichen Einordnung, der ungenehmigte Abdruck von Fotos, auf denen die Person(en) in einer wenig schmeichelhaften Pose abgebildet ist (sind). Erst recht verbieten sich Fotos von Personen, die sie in intimen Situationen zeigen.

Bei allen anderen alltäglichen Aufnahmen, die zur Illustrierung verwendet werden sollen, ist darauf zu achten, dass die darauf erkennbaren Personen das Bild nicht dominieren, sondern nur wie selbstverständlich dazugehören. Würde es sich um ein Porträtfoto mit Landschaft im Hintergrund handeln, so greift die gesetzliche Ausnahmeregelung nicht. Prägt die Umgebung das Foto ebenso wie die darauf erkennbare(n) Person(en), so spricht vieles für eine genehmigungsfreie Übersichtsaufnahme. Allerdings ist es dann wieder unzulässig, ohne Einwilligung aus einer derartigen „Übersichtsaufnahme“ ein Portrait herauszugreifen und so zu vergrößern, dass der Rest unscheinbar wird.

Werden die genannten Vorgaben beachtet, so besteht weder ein Unterlassungs- noch ein Geldentschädigungsanspruch der abgebildeten Person. Die vielfach aufgemachte Gleichung, ungenehmigte Bildveröffentlichung = Persönlichkeitsverletzung und damit Verpflichtung zur Zahlung einer Geldentschädigung besteht in dieser Allgemeinheit also nicht.

Zum guten Schluss: Selbst wenn das Personenfoto genehmigungsfrei veröffentlicht werden darf, so bleibt immer noch zu prüfen, ob insoweit auch die Rechte von dem Fotografen erworben wurden, und ob auch dessen Name als Urheberrechtshinweis mit abzudrucken ist. Aber dies ist ein anderes, abendfüllendes Thema.