Fünf Dauerbaustellen in Berlin und Brüssel.

Von Dr. Christoph Fiedler, Rechtsanwalt, VDZ-Geschäftsführer Europa- und Medienpolitik, Vorsitzender des Rechtsausschusses des europäischen Zeitschriftenverlegerverbandes EMMA, Lehrbeauftragter and er Universität Leipzig.

In Brüssel und Berlin werden weiter Große Koalitionen herrschen. Die Berliner Koalition hat bislang für die privat finanzierte Presse manch Negatives produziert (Mindestlohn, Werbezwangshinweise, Entfristung einer Urheberrechtsschranke). Von den Versprechungen des Koalitionsvertrages wie beispielsweise Verbesserung der Produktionsbedingungen privater Medien, Suchmaschinenneutralität, reduzierter Mehrwertsteuer für Digitalprodukte oder erleichterten Kooperationen ist hingegen bislang wenig Konkretes zu sehen. Brüssel verspricht erst gar keine Verbesserungen der Rahmenbedingungen privat finanzierter Presse; selbst eine Zusage von Verschlechterung abzusehen, ist nicht wirklich zu erhalten.

EU-Datenschutzrecht

Adressierte Leserwerbung, interessenbasierte Online-Werbung, E-Commerce-Anwendungen, Frei- und Wechselversand der Fachpresse haben eines gemeinsam: Sie beruhen in wesentlichen Teilen auf Opt-out-Datenverarbeitungsprozessen, die für europäische Wirtschaft und europäische Medien unverzichtbar sind. Das gilt umso mehr, als alleine für Internetgiganten wie Facebook, Google, Amazon und Co. Millionenfache Einwilligungen eine praktikable Alternative sind. Dennoch ist nach wie vor offen, ob die europäische Politik in Brüssel und den Hauptstädten der Mitgliedsstaaten die Einsicht und Kraft findet, ein für das digitale Europa taugliches Datenschutzrecht zu schaffen.

Schutz des Urheberrechts

Ohne effektiven Schutz des Urheberrechts ist Presse als marktwirtschaftliches, staatsunabhängiges finanziertes journalistisches Produkt nicht denkbar. Dennoch ist bislang nicht absehbar, dass die ausgemachte Reform des EU-Urheberrechts auch nur eine Verbesserung enthalten wird. Stattdessen wird nach wie vor vor allem darüber gesprochen, wie die freie Verfügung der Rechteinhaber über die Vermarktung digitaler Presse weiter beschnitten werden kann.

Digitale Plattformmonopole

Die neue EU-Kommission muss entscheiden, ob sie die Selbstbegünstigung des Suchmaschinenmonopolisten als Missbrauch konsequent unterbindet und so ein Mindestmaß an Fairness trotz eines an sich schon problematischen Monopols sichert. Auch diese Entscheidung bleibt aber offen und lässt auf sich warten.

Werbebeschränkungen

Nachdem die Bundesregierung mit dem Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes neue Werbebeschränkungen vorgeschlagen hat, ist nun der Bundestag am Zug. Er muss zeigen, ob er als souveräne Volksvertretung in der Lage ist, eine falsche Regulierung und Bevormundung aus einem Übrigen nachvollziehbaren Gesetz herauszustreichen.

Reduzierte MwSt. für digitale Presse

Das Bekenntnis der Berliner Koalition zur Unterstützung der reduzierten Mehrwertsteuer für die digitale Presse ist nur dann etwas wert, wenn die Bundesregierung tatsächlich aktiv für diese Position bei anderen EU-Regierungen wirbt. Denn bevor die einheitliche Anwendung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes vom Bund beschlossen werden kann, muss die Erstreckung auf die digitale Presse europarechtlich erlaubt werden. Zuständig dafür ist der EU-Finanzministerrat, wobei alle Finanzminister einer solchen Rechtsänderung zustimmen müssen.