Amelie Marie Weber, Head of Social Media bei der Funke Mediengruppe, im Interview

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Amelie Marie Weber arbeitet nach Stationen bei der Rheinpfalz und beim Focus Magazin seit Juli 2020 als Redakteurin bei der Funke-Zentralredaktion in Berlin und ist seit Juli 2021 als Head of Social Media für die Social-Media-Kanäle der Funke-Zentralredaktion verantwortlich. Vom Medium Magazin wurde sie im Herbst 2021 in die Liste der „Top 30 bis 30“-Journalistinnen und Journalisten aufgenommen und verschaffte sich besonders mit dem von ihr ins Leben gerufenen und betreuten TikTok-Kanal der Funke-Zentralredaktion höchste Anerkennung in der Branche.

In kurzen Erklärvideos erläutert die 26-Jährige die Hintergründe des demokratischen Systems und möchte das Interesse und Verständnis der Followerinnen und Follower für Politik wecken. Im Juni nahm sie dafür den European Digital Publishing Award 2022 in der Kategorie Editorial Concept entgegen (Foto). Was Verlagshäuser beachten sollten, die mit Social Media erfolgreich sein wollen, erläutert  Amelie Marie Weber in der aktuellen Ausgabe 2/22 unseres Mitgliedermagazins impresso.

Was sind Ihrer Meinung nach die Herausforderungen und Schwierigkeiten von Social Media im Vergleich zu den traditionellen Medien?

Texte für ein Magazin liefern natürlich mehr Informationen und sind oft schöner zu lesen als schnelle Online-News. Es sind aber eben auch zwei unterschiedliche Formate. Ich finde es wichtig, dass es beide Formen gibt. Oft werde ich gefragt, ob wir nun alles in ein paar Sekunden erklären müssen und wo da die Hintergrundinformationen bleiben. Ich muss mich kritischen Stimmen stellen, die befürchten, dass es auf Social Media keinen Platz für Tiefe gibt. Und natürlich stimmt das: Man kann nicht jedes Thema in einem 60-sekündigen TikTok ausführlich erklären. Aber ich bin überzeugt, dass diese Videos Anreize schaffen, sich intensiver mit bestimmten Themen zu beschäftigen. Und dafür gibt es ja die langen Reportagen und Magazintexte.

Worin unterscheidet sich Ihre Arbeitsweise, wenn Sie auf Social Media im Einsatz sind, im Vergleich mit Ihren bisherigen journalistischen Erfahrungen?

Zu meiner Arbeitsweise passt Online-Journalismus besser, da es darum geht, etwas auf den Punkt zu bringen und kurz und knapp zu artikulieren. Ich bin keine typische Edelfeder und gebe ehrlich zu, dass mich das Schreiben langer Magazintexte eher gequält hat. Online-Journalismus gibt mir das Adrenalin, das ich brauche.

Was zeichnet Ihren journalistischen Stil aus?

Ich versuche, nah an meiner Zielgruppe und gerade bei TikTok eher große Schwester als Lehrerin zu sein. Mir ist es außerdem wichtig, neutral zu bleiben, damit sich meine Zuschauer und Leser ihre eigene Meinung bilden können. Ich mache kaum Meinungsstücke und denke, dass es diese mittlerweile zu häufig im Journalismus gibt.

Worin besteht für Unternehmen eine Chance, wenn ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst sehr aktiv auf Social Media sind?

Für Medienunternehmen sind Team-Mitglieder, die gerne über ihren Job posten, die authentischste Werbung, die sie bekommen können. Man nennt sie nicht umsonst „Corporate Influencer”. Ich würde jedem Unternehmen raten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unterstützen, die Lust auf diese Art von Öffentlichkeit und Social-Media-Reichweite haben. Es gibt jedoch auch viele Kolleginnen und Kollegen, die Social Media lieber rein privat nutzen möchten. Dies sollten Unternehmen respektieren und nicht versuchen, Sichtbarkeit zu erzwingen. Ich schaffe mir meine öffentliche Reichweite selbst, da es mir ein intrinsisches Bedürfnis ist und mir Freude macht.

Corporate Influencer sind also für Sie ein Trend, der in Zukunft noch weiterwachsen wird?

Definitiv. Wir brauchen Botschafterinnen und Botschafter für den Journalismus und die Medienbranche. Wir sollten Influencer da nicht verurteilen, sondern uns eher ein Beispiel an ihnen nehmen.

Was zeichnet ein gutes Teammitglied im Bereich Social Media aus?

Am wichtigsten ist, dass man Spaß hat. Denn wenn man keine Lust auf Social Media hat, sieht man das dem Endprodukt an. Oft sind es die jüngeren Kollegen, die diese Begeisterung mit-bringen, da sie damit aufgewachsen sind und Social Media für sie zum Alltag gehören. Unternehmen sollten diesen Kolleginnen und Kollegen Vertrauen entgegenbringen und sie Verantwortung übernehmen lassen.

Was passiert sonst? Wenn Medienmarken in alten Routinen und Mustern stecken bleiben?

Man stagniert. Nichts ist für Social Media schlimmer als ewig lange Abstimmungsschleifen. Wenn man immer auf Nummer sicher gehen will und sich nichts traut, wird sich kein Erfolgserlebnis einstellen…Weiterlesen in der impresso-Ausgabe 2/22

 Amelie Marie Webers Top-Newsletter zu Social Media:

Von Giulia Wilzewski, freie Journalistin

Dieser Artikelauszug wurde der aktuellen Ausgabe 2/22 unseres Mitgliedermagazins impresso entnommen. Weitere Informationen zur Zeitschrift finden Sie in unserem Ausgabenarchiv.

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