Erfolgreiche Zeitschriften-Neugründungen

impresso 3/2022Nach wie vor erscheinen jedes Jahr zahlreiche neue Zeitschriftentitel. Manche haben ein kurzes Leben. Aber viele von ihnen sind von Anfang an erfolgreich. Ein Beitrag aus der aktuellen Ausgabe No. 3/22 unseres Mitgliedermagazins impresso. 

Es ist eine Kurve, die leicht nach unten zeigt und zweierlei dokumentiert. Einerseits belegen die Zahlen, dass jedes Jahr einige Dutzend Zeitschriftentitel vom Kiosk verschwinden. Andererseits aber stehen sie für eine beeindruckende Vielfalt, die weltweit einmalig sein dürfte. Genau 7.206 Zeitschriften zählte der Verband VDZ im Jahr 2020, ein Jahr später führte er in seiner Statistik noch 7.130 auf. Auf der diesjährigen Jahresbilanz meldete der MFVP noch 7.021 Titel. Die damit verbundene Botschaft: Es mag leicht berg-ab gehen. Aber auch künftig werden die Leser und Leserinnen in Deutschland für nahezu jeden Geschmack den passenden gedruckten Titel finden.

Das liegt auch daran, dass der Launch neuer Titel keine riskante unternehmerische Aufgabe mehr scheint. Mit der gleichen Coolness, mit der die Verlage unrentable Titel einstellen, schieben sie auch neue Projekte auf die Rampe. Meist geht es dabei um eine inhaltliche Ausdifferenzierung bereits bestehender Objekte. Die dazugehörige Werbung wird über Owned Media betrieben – mit Anzeigen auf den eigenen Webseiten, Zeitschriften und Social-Media-Kanälen sowie den dazugehörigen Newslettern. Springen Leser und Werbemarkt auf das neue Konzept an, wird an der Frequenzschraube gedreht und die Redaktion sukzessive ausgebaut. Manchmal aber bleibt es bei der Premiere wie beispielsweise beim Magazin Feeling at Home aus dem Hause GeraNova Bruckmann. Die Zeitschrift erschien im Juni vergangenen Jahres zum ersten Mal. Sie griff dem Homing-Trend auf und bot auf hundert Seiten Inspirationen zum Selbermachen für drinnen und draußen, Deko- und Wohnideen, Tischdekos und Rezepte. Inzwischen aber steht fest, dass es vorerst keine weiteren Ausgaben mehr geben wird.

In anderen Fällen ist die Nachfrage überraschend groß und macht aus einem journalistischen Versuchsballon aus dem Stand heraus ein lohnendes Unternehmen. Dazu zählt beispielsweise der Titel Zeit Verbrechen, der im April 2018 gestartet wurde und inzwischen zu den erfolgreichsten Neugründungen der letzten Jahre zählt. Nahezu Legendenstatus genießt die Zeitschrift Landlust, die in ihren Artikeln schon frühzeitig das ländliche Idyll zelebrierte. Gegründet wurde sie 2005, in einer Zeit, als viele hochrangige Verlagsmanager nicht mehr an die Zukunft von Print glauben wollten. Heute verkauft der Titel über 750.000 Exemplare und zählt damit zu den auflagenstärksten Zeitschriften im Land.

Markt hat vielversprechende Nischen

Es gibt sie also, die verlegerischen Erfolgsgeschichten, die Mut machen und zeigen, dass der Markt offenbar immer noch vielversprechende Nischen für gedruckte Titel hat. „Print steht für gut gemachten Journalismus, für Glaubwürdigkeit, Orientierung, Inspiration und Unterhaltung“, erklärt eine Sprecherin des Burda Verlags. Botschaften hätten einfach eine andere Wucht, wenn sie optisch und haptisch zum Erlebnis werden. Und schließlich sei auch nicht jedes Themenfeld geeignet, digital bespielt zu wer-den. „Für ein Printmagazin nimmt man sich bewusst Zeit, beschäftigt sich damit eingehender, entspannter – gerade bei so inspirierenden Themen wie beispielsweise Lifestyle, Living oder Reisen, die zum Schwelgen und Schmökern einladen.

Es sind denn auch die Gebiete, auf denen Burda in den vergangenen Jahren eine Reihe neuer Titel auf den Markt gebracht hat. Im Frühjahr 2020 launchte der Verlag beispielsweise das Outdoor-Magazin Einfach los, das sich an Natur-Liebhaber, Vanlife- und Camping-Fans richtet. Da das Thema mit der Corona-Pandemie ohnehin an Fahrt aufnahm, fand das Heftkonzept schnell seine Zielgruppe und wurde 2021 auch mit dem European Publishing Award „Newcomer of the Year“ ausgezeichnet. Im Herbst vergangenen Jahres wurde bei Burda zudem Villa gelauncht, ein hochwertiges Wohn- und Stil-Magazin mit einer opulenten Bildsprache, das sich an eine Zielgruppe richtet, die mutiges Design schätzt, gerne mit kraftvollen Farben. Und auch in diesem Jahr gab es bei Burda verschiedene neue Neugründungen…

Dieser Artikelauszug wurde der aktuellen Ausgabe 3/2022 unseres Mitgliedermagazins impresso entnommen. In unserem Ausgabenarchiv finden Sie die PDF-Version zum Download: Weiterlesen in der PDF-Version

Von Helmut van Rinsum, Medienjournalist, München

Mehr aus impresso 3/2022:

Hybrider Journalismus

Lohnende Beziehungsarbeit

Mehr zum Thema:

Die Saat geht auf

Aufbruch mit Reader Revenue

„Das Digitalgeschäft wächst am stärksten“

Leserumsätze sind die Lebensader der Zeitschriften

Journalismus und die neue Weiblichkeit

Foto © Leah Kelley, Pexels