Ob für Hund oder Katz‘, Pferd oder Papagei: An Tierzeitschriften mangelt es nicht, die Auswahl ist groß, lebendig und vielfältig. Ein Blick auf den Markt – und auf zwei Verleger, die sich dort tummeln.

Von Roland Karle

In wenigen Monaten feiert Dogs sein 10-jähriges Bestehen. Am 24. Oktober 2006 erschien das Lifestyle-Magazin für Hundebesitzer erstmals. Das Konzept hatte zuvor die Jury der sogenannten „Redaktionellen Ideen-Olympiade“ überzeugt und in diesem Kreativ-Wettbewerb von Gruner + Jahr den ersten Platz erreicht. Zunächst waren drei Ausgaben vorgesehen, Fortsetzung offen.

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Inzwischen hat sich Dogs im Markt festgebissen. Das Magazin erscheint alle zwei Monate und kostet 5,50 Euro, dadurch gehört es preislich zur Premiumklasse. Die durchschnittliche Verkaufsmenge liegt aktuell (2. Quartal 2016) bei 53.584 Exemplaren, rund 36.000 davon erreichen ihren Empfänger über Abonnement oder Einzelhandel.

Dogs baut eine Brücke zwischen Wissen und Emotion, ist Ratgeber und spiegelt einen Lebensstil, der Hundebesitzer eigen ist. Tatsächlich mangelt es nicht an Angeboten, um sich über Hunde und den Umgang mit ihnen zu informieren. Rund zwei Handvoll Hundezeitschriften mit je fünfstelliger Auflage gibt es derzeit, daneben noch etliche Fachzeitschriften wie beispielsweise Hund Katze Pferd aus dem Succidia Verlag, die sich an beruflich mit Tieren befasste Leser richten.

Dass die Zeitschriftenregale tierisch voll sind, verwundert kaum. Schließlich erlebt Deutschland einen anhaltenden Haustier-Boom. Allein sechs Millionen Hunde und sieben Millionen Katzen werden gehalten, Tendenz steigend. Oft werden sie als vollwertiges Familienmitglied betrachtet. Wenn Bello hartnäckigen Husten hat und Tigerchen tagelang nichts frisst, dann ist Alarm zu Hause. Tierärzte und Tierversicherer, Hundepsychologen und Katzenpensionen, der Handel mit Futter und Accessoires – das Geschäft mit Hund, Katze, Pferd & Co floriert.

Davon profitieren auch Verlage, die nicht nur viele, sondern immer speziellere Titel herausbringen. Drei Beispiele: Einen Mix aus Hunde- und Reisezeitschrift verspricht seit Frühjahr 2013 Dog and Travel, während sich Dog‘s Avenue zweimonatlich als „Deutschlands erstes Hundemagazin für die Frau“ empfiehlt und sich City Dog gezielt mit Phänomen und Problemen des urban lebenden Vierbeiners beschäftigt.

Hugo Matthaes: Verleger im Galopp

hugo_matthaesKaum weniger enthusiastisch als Hundefreunde sind Pferdeliebhaber. Laut Institut für Demoskopie (IfD) Allensbach betreiben rund 1,2 Millionen Menschen regelmäßig Pferdesport, weitere 2,5 Millionen geben an, dass sie zumindest ab und zu reiten. Auch das Angebot an Pferdezeitschriften galoppiert: Mehr als 100 Titel listet das Onlineportal Pferdekult.de auf. Zwei davon heißen Reiterjournal und Züchterforum, sie erscheinen bei Matthaes Medien in Stuttgart.

Geschäftsführer und Inhaber ist Hugo Matthaes, der auf eine erfolgreiche, bereits abgeschlossene erste Verlegerkarriere zurückblickt. Den Stuttgarter Matthaes Verlag, 1905 von seinem Großvater gegründet, brachte der Ingenieur nach seinem Eintritt 1977 ordentlich voran und auf Wachstumskurs. Der Verlagsfokus galt Fachmedien für Gastronomie, Hotellerie, Bäckerei, Konditorei und Getränkewirtschaft. Wichtigster und bekanntester Titel ist die Allgemeine Hotel- und Gaststätten-Zeitung (AHGZ), die bundesweit zu den zehn werbeumsatzstärksten Fachzeitschriften zählt.

Im April 2004 stieg der Deutsche Fachverlag (DfV) mehrheitlich beim Matthaes Verlag ein, ein Jahr später übernahm er ihn komplett. Für Hugo Matthaes der passende Zeitpunkt, um sich aus der Geschäftsführung zurückzuziehen und sich fortan noch mehr um das von ihm gegründete Reiterjournal, dem führenden Fachmagazin für den Reitsport in Süddeutschland, zu kümmern. Eine Entscheidung, die der heute 63-Jährige nie bereut hat, zumal hier in idealer Weise seine Leidenschaft für den Sport und seine Kompetenz als Verleger zusammentreffen. „Beides zu verbinden, das macht mir enorm viel Freude“, sagt Matthaes. Durch den Verkauf und seinen Ausstieg aus dem früheren Familienunternehmen hat er Freiheit und Freizeit dazu gewonnen. „Diese Neuorientierung habe ich gewollt, und ich fühle mich sehr wohl damit“, sagt Hugo Matthaes.

„Die Geschäfte entwickeln sich gut“, sagt Hugo Matthaes

Zu den Hoch-Zeiten des Matthaes Verlags war er für bis zu 380 Angestellte verantwortlich, heute beschäftigt der Medienunternehmer knapp 20 Leute und einige Dutzend freie Mitarbeiter. Mit den beiden Special-Interest-Zeitschriften, die monatlich herauskommen, sowie Supplements und dem zunehmend nachgefragten Bewegtbildangebot erwirtschaftet Matthaes Medien aktuell einen Jahresumsatz von rund 2,2 Millionen Euro. Die Geschäfte entwickeln sich gut, berichtet der Verleger.

„Als Verleger habe ich mich ein Stück weit neu erfunden“

Den Umbruch von der alten, analogen in die neue, digitale Medienwelt findet er spannend. „Ich agiere heute anders als früher. In gewisser Weise habe ich mich auch als Verleger ein Stück weit neu erfunden“, so Matthaes. Was er damit meint, das sind intern kurze Wege und schnelle Entscheidungen, aber auch Erfahrungen, die er heute macht. Zum Beispiel mit dem WhatsApp-Service des Reiterjournals, der eine Auswahl an Nachrichten, Geschichten und Videos gratis aufs Smartphone bringt. Oder Live-Streaming: Der Reitsport und seine Turniere sind geradezu prädestiniert, um darüber live und in bewegten Bildern zu berichten. Vor knapp einem Jahr hat das Reiterjournal eine Kooperation mit dem Pferdevideospezialisten ClipMyHorse.tv gestartet und überträgt seither zahlreiche Springen.

Verleger Matthaes fährt am liebsten selbst zu den Turnieren

Auf dem eigenen Onlineportal wächst Reiterjournal.tv, das in kurzen und längeren Filmen über aktuelle Turniere berichtet, richtiges Reiten lehrt, Reportagen und Talkrunden sendet, Sportler, Faecher.inddVereine und Firmen vorstellt. „Zeitschriften haben Zukunft“, sagt Matthaes. „Aber in den meisten Fällen nicht als singuläres Angebot, sondern als ,Print plus‘. Das Reiterjournal zum Beispiel profitiert erheblich von der Verbindung mit Videos – und umgekehrt.“ Die bewegten Bilder werten einerseits das redaktionelle Angebot auf, andererseits kann der Verlag die Videos vermarkten, indem er Turnierveranstalter, Sponsoren oder Werbepartner für Kooperationen gewinnt. „Gerade auf regionaler Ebene können wir hier unsere Berichterstattung in Wort und Video noch weiter ausbauen“, so Matthaes, der gerne mitten im Geschehen ist und regelmäßig zu Turnieren fährt.

Als passionierter Züchter bringt er jedes Jahr etwa zwei Fohlen auf die Welt. Und als Medienunternehmer findet er Gefallen an den Umbrüchen, die es zu bewältigen gilt. „Durch die digitalen Möglichkeiten kann heute nahezu jeder seine eigene Idee umsetzen, und das ohne hohe wirtschaftliche Hürden. Dadurch werden die Karten im Verlagsgeschäft neu gemischt“, sagt Hugo Matthaes. Und zwar mit Optimismus in der Stimme: „Wir erleben gerade sehr spannende Zeiten.“

René Wüst: Quereinsteiger mit Vogel-Perspektive

rene_wuestZu behaupten, René Wüst habe einen Vogel, ist schwer untertrieben. Der Mann besitzt rund 100 Vögel, vom Prachtfink über die Zwergwachtel bis zum Großpapagei. Seine Leidenschaft für das gefiederte Kleinvieh loderte früh auf. Seit er denken kann, gab es Vögel zu Hause. Wüst erinnert sich sogar noch an den ersten Wellensittich, einen wildfarbenen Grünen, er hieß Bubi.

Im Alter von 14 Jahren kam René Wüst auf einer Familienfeier mit seinem Onkel ins Gespräch, einem begeisterten Züchter und Halter, der acht Vögel besaß, dem es aber gesundheitlich nicht mehr gut ging. Also bot er sie seinem Neffen an mit der Auflage, dass sich der Junge schlau machen und intensiv um die kleinen Flieger kümmern müsse.

Das tat er. „Ich habe mir Bücher gekauft und mein erstes Fachmagazin abonniert“, erzählt Wüst. Kakadu United hieß es, im Eigenverlag von einer ebenfalls vogelbegeisterten Dame herausgegeben. Wenig später stieß er auf die Gefiederte Welt aus dem Ulmer Verlag und die Papageien-Zeitung, die der Arndt-Verlag herausgab.

René Wüst hat sein Hobby 2015 zum Beruf gemacht

Daran hat sich nichts geändert. Außer der nicht unbedeutenden Tatsache, dass René Wüst der Arndt-Verlag in Bretten bei Karlsruhe inzwischen gehört. Zum 1. Januar 2015 hat der gelernte Molkereifachmann und praktizierende Versicherungsfachwirt die Firma mit derzeit fünf Festangestellten sowie einer Reihe freier Autoren und Layouter übernommen. „Ich habe damit mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt der 38-Jährige.

Die im Jugendalter entfachte Leidenschaft für Vögel hat nie nachgelassen. Bald begann Wüst als Autor über sein Lieblingsthema zu schreiben, berichtete für die einschlägigen Magazine im Markt. Seit über 20 Jahren engagiert er sich zudem ehrenamtlich für die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz (ZGAP), ist Leiter des Fonds für bedrohte Papageien (FbP) und seit 2012 als Schatzmeister im Vorstand der ZGAP tätig. So gewann er immer tieferen Einblick ins Thema und knüpfte viele, auch internationale Kontakte.

Der Arndt-Verlag ist europaweit führend in Sachen Papageien

Als Thomas Arndt seinen europaweit führenden Fachverlag für Papageienkunde altersbedingt verkaufen will, streckt René Wüst die Hand. Der bisherige Autor und der nebenberufliche Verleger – Arndt arbeitet als Lehrer – werden sich schnell einig. Nun ist Wüst der Chef im Ring; sein Vorgänger, der sich weltweit einen Ruf als Ornithologe erworben hat, bleibt Autor und Herausgeber der beiden Zeitschriften Papageien und WP-Magazin.

arndtverlag_papageien_magazin_coverWüst hat den Verlag in Zeiten des Umbruchs übernommen. Abgesehen von den strukturellen Veränderungen der Printbranche geht die Zahl der Vogelhalter und -liebhaber merklich zurück. Das ist vor allem eine Frage des Alters. Etliche Leser geben ihr Hobby auf oder sterben, Nachwuchs kommt kaum nach. Die 1988 von Experte Arndt und dem Verleger Horst Müller gegründete Fachzeitschrift Papageien, die anfangs vier Mal im Jahr erschien, haben derzeit rund 4.500 Personen abonniert. Ein Publikum, das sich nicht mit Halbwissen aus dem Internet zufrieden gibt. „Deshalb liest es Papageien“, sagt Wüst. In der durchschnittlich rund 60 Seiten umfassenden Zeitschrift können Abonnenten zudem kostenlos in „Europas größtem Anzeigenmarkt“ inserieren.

Dem auf Haltung und Zucht von Papageien spezialisierten Titel folgte 1995 die Zeitschrift für Vogelhalter, das WP-Magazin. WP steht für „Wellensittich, Papageien“. Das Heft erscheint heute zweimonatlich in einer gedruckten Auflage von 20.000 Stück, davon werden rund 4.500 im Abo und etwa 6.000 im Einzelhandel verkauft. In den fast 30 Jahren seines Bestehens hat sich der Arndt-Verlag zum europaweit führenden Anbieter in seinem Segment entwickelt, der neben den beiden Zeitschriften zahlreiche Bücher, Kalender, Poster und Lexika herausgibt.

Für René Wüst eine spannende Ausgangsposition, um als Quereinsteiger den Kleinverlag zu übernehmen. In etliche Themen und Aufgaben musste er sich erst einarbeiten, das kostet Zeit und Energie. Doch da macht der Jungverleger keine Kompromisse, er will gestalten und nicht verwalten. „Zum Schreiben komme ich im Moment fast gar nicht“, sagt René Wüst, der zu den renommierten Autoren in seinem Fachgebiet zählt. Die EDV muss erneuert werden, also investiert er in neue Verlagssoftware. Das kostet schnell einige zigtausend Euro, ganz zu schweigen vom Aufwand, der mit der Datensicherung, der Installation und der Schulung verbunden ist. Abo- und Kundenservice, die Zuordnung von Aufgaben, Arbeitsabläufe – Wüst beackert viele Felder, weil er den Verlag organisatorisch effizient führen und modern ausrichten will.

René Wüst ist konsequent auf Zukunft programmiert

Zugleich denkt er darüber nach, wie sich sein Unternehmen trotz einer tendenziell schrumpfenden Zielgruppe weiterentwickeln kann. Wüst ist konsequent auf Zukunft programmiert. „Man muss mit der Zeit gehen, sonst geht man mit der Zeit“, hat er zu seinem Motto gemacht.  Und gleich schwungvoll losgelegt. Das Verlagslogo, die Feder, trägt seit letztem Jahr frische Farben; die Website wurde um- und ausgebaut; der erste Kalender „Wilde Papageien“ kam heraus. Inzwischen erscheinen auch Papageien und WP-Magazin in neuem Layout. Außerdem trägt der Arndt-Verlag nun einen Claim, der ausdrückt, wofür er steht: „Wir lieben Vögel“.

Derweil lotet René Wüst die Perspektiven seines Verlags aus. Er will mehr Kalender und Poster drucken, den Onlineshop ausbauen, ebenso Workshops und Seminare. Erste Erfahrungen hat er damit gemacht. „Ich bin überzeugt, dass hier noch viel Potenzial liegt.“ Was nicht heißt, dass Print in die Bredouille kommt. „Unsere Zielgruppe liest am liebsten auf Papier. Für die tollen Bilder und das haptische Erleben gibt es nichts Besseres“, so Wüst.

Längst reicht der Blick des Verlegers über die Heimat hinaus. Zum einen gibt es europäische Länder, in denen Vogelzucht und -haltung hoch im Kurs stehen, beispielsweise in Frankreich, Spanien, Portugal, Niederlande, Belgien. Und es entstehen neue Wachstumsmärkte: In Indien und China, Thailand und Taiwan etwa sei das Interesse an fliegendem Federvieh enorm. „Vogelhaltung ist dort häufig ein Hobby reicher Leute“, sagt Wüst.

Er weiß aber auch, dass man sich gerade im asiatischen Raum oftmals über geregelten Tierhandel hinwegsetzt. Für den engagierten Artenschützer bedenklich. Vielleicht gelingt ihm ja beides: Mit seinem Verlag international zu expandieren und zugleich auf die Mentalität in fremden Märkten einzuwirken.