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Mit einer Auflage von nahezu 1,5 Mio. Exemplaren (Print + Digital) gilt The Economist als erfolgreichste Wirtschaftspublikation der Welt. Wie die Zeitschrift das geschafft hat und wie ihre aktuelle Vertriebsstrategie aussieht, darüber referierte Michael Brunt, Chief Marketing Officer und Managing Director The Economist auf dem VDZ Publisher’s Summit 2016. Hier eine kurze Zusammenfassung.

Ein klares Mission Statement als Grundlage des Marketings

Alle Marketingaktivitäten von The Economist basieren auf einem klaren Mission Statement bestehend aus fünf Kernaussagen, die das redaktionelle und unternehmerische Selbstverständnis der Publikation beschreiben:

  1. We are a smart guide to the forces that shape the future
  2. We are a trusted FILTER on world affairs. We distill news into a finishable package. We are the antidote to information overload.
  3. We advocate for positive change.
  4. We always take a global perspective
  5. Quality: our readers find our journalism valuable and are willing to pay for it.

Und der Versuch einer Übersetzung ins Deutsche, die dem Original natürlich nur ansatzweise gerecht werden kann:

  1. Wir sind der Wegweiser zu den Treibern zukünftiger Entwicklungen
  2. Wir sind der verlässliche Navigator durch das Weltgeschehen. Wir filtern die wichtigsten Nachrichten und bereiten Sie in kompakter Form für unsere Leser auf. Wir sind das Gegenteil von Information Overload.
  3. Wir befürworten Veränderungen hin zum Besseren.
  4. Wir betrachten die Dinge stets aus einem globalen Blickwinkel.
  5. Qualität: Unsere Leser schätzen unseren Journalismus und sind bereit dafür etwas zu zahlen.

Diese fünf Kernaussagen sind wesentlich für die gesamte Vertriebsstrategie. So bauen sämtliche Werbekampagnen auf einem redaktionellen Selbstverständnis auf. Sie beziehen sich inhaltlich stets auf die journalistischen Inhalte des Economist und werden selbstbewusst und intelligent in Szene gesetzt.

Die vier Säulen der Gewinnmaximierung

Der Economist hat im Rahmen seiner Vertriebsstrategie vier Säulen identifiziert, die es ihm erlauben, seine Vertriebserlöse zu steigern.

  1. Migration von der Print- zur Digitalausgabe (Migration from print to digital reading).
    Durch den Wechsel der Leser von der Print- zur Digitalausgabe sinken die Druck- und Versandkosten.
  2. Höhere Preise für das Print-Digital-Paket (Charging more for the print + digital bundle).
    Durch einen höheren Preis für das Kombi-Paket Digital + Print im Vergleich zu den Einzelpaketen, kann der Umsatz pro Abonnent erhöht werden.
  3. Reguläre Preiserhöhungen (Raising prices).
    Regelmäßige strategische Preiserhöhungen steigern den Umsatz.
  4. Investitionen in ein effizientes, skalierbares Marketing (Investing in efficient scalable marketing).
    Zielgruppengenaue Ansprache potenzieller Neu-Abonnenten durch klassische Marketingmaßnahmen über eigene und fremde Medienkanäle.

Erkenntnisse aus der Praxis

Bei der Analyse seiner Vertriebsaktivitäten kam der Economist auf folgende Erkenntnisse:

78% der neu gewonnenen Abonnenten wählen ein digitales Produkt, welches – aufgrund der wegfallenden Druck- und Versandkosten – profitabler als das Print-Produkt ist. 22% der neu gewonnenen Abonnenten wählen nur das Printprodukt, 23% wählen das digitale Produkt, welches zum gleichen Preis wie das Print-Produkt erhältlich ist und 55% wählen das Kombi-Produkt Print+Digital, welches um 25 Prozent teurer ist als die Einzelprodukte.

Interessant ist zudem, dass der Economist eine unvermindert starke Nachfrage nach seinen Inhalten beobachtet. Diese Nachfrage wird zum einen über Fremdmedien wie die Sozialen Netzwerke generiert. Zum anderen wird sie über Nutzer generiert, die – frustriert durch das „unendliche“ und überfordernde Angebot der sozialen Medien – zurückkehren zur Marke und damit zu den ursprünglichen Vertriebskanälen des Economist.

Neben der nicht nachlassenden Nachfrage ist eine weitere Erkenntnis, dass die Abonnenten des Economist „preisunelastisch“ sind. Daraus lassen sich folgende Konsequenzen ableiten:

  • Preiserhöhungen führen erst ab einem bestimmten kritischen Punkt zu sinkenden Absatzzahlen.
  • Es lohnt sich also Preiserhöhungen umzusetzen, da sie zu Erlössteigerungen führen.
  • Kurz nach einer Preiserhöhung kommt es jedoch regelmäßig zu einem Rückgang der Absatzzahlen innerhalb des Folgejahres.
  • Unregelmäßige, starke Preiserhöhungen sind entsprechend effizienter als regelmäßige leichte Preiserhöhungen.

Ableitung einer Vertriebsstrategie

Die oben erwähnten Erkenntnisse führten zu der Strategie des Economist, seine Preispolitik auf einem Drei-Jahres-Zyklus basieren zu lassen und seine Marketinganstrengungen entsprechend darauf auszurichten. Dabei werden im ersten Jahr die Preise erhöht, im zweiten Jahr kommt es zu einem Umsatzwachstum bei gleichbleibenden oder leicht sinkenden Absatzzahlen und im dritten Jahr steigt schließlich mit den Absatzzahlen auch der Umsatz.

Heute kann sich The Economist als teuerste und erfolgreichste Wirtschaftspublikation auf dem Markt behaupten.

Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser.

Zur Kontrolle und Optimierung seiner Marketingaktivitäten setzt der Economist auf die neueste Software von Amobee, Visual IQ, Cadreon und Facebook.

Autor: Patrick Priesmann